Bücher

S’fägt no immer

Im Juli 1993 bat die Kulturzeitschrift «DU» mit der Ausgabe über den «Sound des Alpenraums» zum Tanz mit der «Neuen Volksmusik». Damals war das Wort «neu» noch neu. 25 Jahre später tastet und chnöpfelt sich dieselbe Zeitschrift an eine Art Bestandsaufnahme der aktuellen Szene. Die experimentelle Phase der damals frisch aufblühenden MusikantInnen ist mittlerweile Kompost. Wo früher der aufmüpfige Charakter Teil des Selbstverständnisses war, Volksliedgut eigensinnig zu interpretieren, wird heute minutiös recherchiert und seriös musiziert. In 25 Jahren ist denn auch manche Saite und etlicher Balg gerissen. An der Hochschule Luzern kann man sich einen «Bachelor of Arts in Music» im Bereich Volksmusik erspielen, in der Metropole Zürich fägets an Stubete in der Trendbeiz «El Lokal», auf der Bühne im Volkshaus und zweijährlich an der Grossveranstaltung «Stubete am See». Mittlerweile sind Bands wie Hujässler oder Pflanzplätz Kult und Jodeln kann an jeder Ecke gelernt werden, nicht nur mehr in der Migros-Klubschule. Wer daran schuld und mitverantwortlich ist, wird im DU mit der Nummer 885 auf die Bühne geführt. Viele Bilder, viele Portraits, diverse Rückblicke, etliche Betrachtungen und Verflechtungen sowie weitere Aktualitäten. Das Magazin lädt ein, seinen Lohn in CDs und Konzerte zu investieren. gh

DU 885 Juli/August 2018 :
Neue Schweizer Volksmusik

kartoniert, 100 Seiten
Du Kulturmedien AG, Zürich 2018
ISBN 978-3-905931-84-6
CHF 20.–
www.du-magazin.com

Dietro quel pezzetto di formaggio

C’è un mondo intero, sull’alpe: donne e uomini, giovani e anziani che stagione dopo stagione si recano in alta montagna con le greggi per produrre un formaggio unico e particolare. Con grandi sacrifici, ma carichi di altrettanta passione. Abbiamo attraversato la Svizzera italiana in lungo e in largo per incontrarli. Scoprendo esistenze, ricordi, speranze di persone generose e tenaci. Il risultato di questo viaggio è un racconto collettivo fatto di parole e immagini. 66 incontri, 113 fotografie e un reportage radiofonico che dipingono tutti gli aspetti di questo straordinario mondo. E ci permettono di capire cosa c’è realmente dietro a quel pezzetto di formaggio che abbiamo il piacere di degustare. Comunicato stampa

Renato Bontognali, Lorenzo Erroi, Lara Montagna, Ely Riva:
Volti dell’alpe

 
Hardcover, 304 Seiten
Salvioni Edizioni, Bellinzona 2018
ISBN 978-88-7967-396-9
CHF 40.00

225 Seiten Bild, 25 Seiten Text

Die im Buch vorgestellten fünf Viehtriebe gehen allesamt von Südtirol aus über die Grenze in die Schweiz und nach Österreich. Der Fotograf Mauro Gambicorti begleitet seit gut zwanzig Jahren Herden und Treiber-Innen auf ihren Wegen zu den Weiden. Aus seinen ruhigen Bildern spricht die Erfahrung, sein Respekt vor der Arbeit und den Traditionen ist durchgängig spürbar. Nicht einmal eine Bildlegende lenkt vom Bild ab. Gambicorti ist nicht am heutig rasenden Fotojournalismus interessiert, am Lechzen nach Likes. Ihm scheint es um das Dokumentieren einer Lebensart zu gehen, die möglicherweise durch die industrielle Landwirtschaft langsam und heimlich verschwindet.

Eingeführt wird das Buch mit einem Text der Geografin und Kultur-anthropologin Anja Salzer, die der Transhumanz die Flüchtlingsbewegungen aufgrund von Kriegen, Unterdrückung und Naturkatastrophen gegenüberstellt. Menschen auf der Suche nach neuen Weidegründen. Sie wirft zudem einen Blick auf die Touristenströme   – dort würde man dann jedoch Viehtrieb sagen und nicht Transhumanz. gh

Mauro Gambicorti, Anja Salzer:
Über Gletscher und Grenzen

Die jahrtausendealte Tradition der Transhumanz in den Alpen
 
gebunden, 256 Seiten
Edition Raetia, Bozen 2017
ISBN 978-8-8728-3592-0
CHF 41.90
www.raetia.com

Wahn und Sinn am Berghang

16 Kilometer Lawinenverbauungen am Chüenihorn über dem Bündner Dorf St. Antönien. Kaspar Thalmann hat sie fotografiert wie wir ÄlplerInnen unsere Kühe, von hinten von vorne von oben von unten. Die Bilder aus diversen Perspektiven erzeugen beim Betrachten unterschiedliche Gefühle: Manchmal wirken die Verbauungen bedrohlich, als könnten sie eines Tages Beton und Stahl über das Dorf werfen, manchmal halten die Fanggitter schützend ihren Arm über das Tal. Blicke aus der Luft lassen die unglaubliche Arbeit erahnen, die hier Menschen am Steilhang vollbracht haben. Aus der Fernsicht erstaunt die architektonische Ästhetik von Reih und Glied am Berg, von nah die marode Existenz der verwitternden Gestelle. Ein Endlosbauwerk. 1953 in Angriff genommen, hat es unzählige Millionen gekostet und verschlingt 400000 Franken an jährlichen Unterhaltskosten. Zum Schutz von 70 Menschen und 90 Gebäuden an einem Ort, der in einer kantonalen Studie 2005 zum «potenzialarmen Raum» erklärt wurde.

Thalmanns Fotografien sind unspektakulär und doch fesselnd, Bilder für verweilende Augen und sich runzelnde Stirnen. Die Texte sind thematisch gegliedert: Olonetzky befasst sich mit der Ästhetik, Hotz mit der Geschichte, Gantenbein mit den Menschen, die sie vorantreiben. Da geht es dann nicht nur um Lebensraumsicherung und Existenz einiger Bergbauernfamilien, sondern um politische und wirtschaftliche Interessen. Das ist spannend zu lesen und öffnet den Fächer weit über St. Antönien: Was machen wir als Gesellschaft mit Minderheiten, die viel kosten? Einfach die Lawine sausen lassen? gh

Fotografie: Kaspar Thalmann
Texte: Köbi Gantenbein, Stefan Hotz und Nadine Olonetzky:
Oder das Tal aufgeben

Die Lawinenschutzbauten von St. Antönien
 
128 Seiten, gebunden
15 farbige und 34 sw Abbildungen
Scheidegger & Spiess, Zürich 2015
ISBN 978-3-85881-478-4
CHF 49.–
www.scheidegger-spiess.ch

Schamhütten

Wer kommt denn auf so eine Idee! Der Alpinfotograf und Publizist Marco Volken hat rund hundert Scheisshäuschen im Schweizer Gebirge fotografiert und dokumentiert, hundert architektonische Trouvaillen der Fäkalienabgabe. Das Buch liest sich wie ein Führer zu den Aborten abgelegener Orte, die anscheinend doch nicht so abgelegen sind, dass man ohne blickschützende Wände scheissen will. Und am liebsten würde man gerne alle ausprobieren: Einmal kacken bitte in der Steinwüste beim Rifugio Ganan, in der Telefonkabine bei Cortesell, auf dem nackten Stein der Cascine d’Àfata, zu zweit auf dem Tandemplumpsklo der Burg Innerjuvalt oder patriotisch umrandet von Schweizerkreuzen bei der Chamanna Segantini. Die bautechnische Kreativität und Vielfalt an vier Wänden mit einem Dach erstaunt in einem Land der unzähligen Baugesetze. Das freudige Fazit: Es gibt Alternativen zu den TOI-TOI-Boxen. gh

Marco Volken:
Stille Orte

Eine andere Reise durch die Schweiz
 
144 Seiten, gebunden
122 Bilder
viersprachig d/f/i/e
AS Verlag, Zürich 2015
ISBN 978-3-906055-41-1
CHF 48.–
www.marcovolken.ch
www.as-verlag.ch

Unerschöpflich

Zwanzig Jahre war Martin Bienerth Senn und Hirt, ein Zeit-, Arbeits- und Denkraum, in dem er Bilder und Aufzeichnungen machte, die sich schlussendlich zu einem unerschöpflichen Archiv ansammelten. Sein neues Buch versammelt 68 Bilder seiner Postkarten, die, grösser abgebildet und ergänzt mit ausgewählten Notizen, Gedankensplittern und Tagebuchaufzeichnungen, seine Sicht auf das Zusammenleben von Mensch und Tier auf der Alp eindrücklich manifestieren: Grundlage aller Alpprodukte ist die behirtete Landschaft, die mithilfe der Tiere und des Älplerhandwerks zu Milch, Fleisch und Käse verwandelt wird. Bienerths Texte gehen jedoch über den Ort «Alp» hinaus, seine Gedanken schweifen immer wieder zum flüchtigen Sinn des Lebens, fragen nach unserer Betrachtungsweise der Natur und fordern auch mal unser Handeln. Seine oft moralischen Ansichten mögen nicht allen bekömmlich sein, wer aber an den Postkarten Freude hat, wird auch das Buch mögen. gh

Martin Bienerth:
Alpsicht

Hirtengeschichten
 
192 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
Faro Fona Verlag, Lenzburg 2014
ISBN 978-3-03781-072-9
CHF 39.90
www.fona.ch
www.alpsicht.ch

Mythen, Museen, Mastschweine

Wenn wir an Landwirtschaft denken, kommt uns erst mal eine Kuh, dann ein bärtiger Bauer, eine hübsche Landschaft, vielleicht noch ein Traktor in den Sinn. Markus Bühler-Rasom hat während mehreren Jahren die Landwirtschaft als erweiterte Agrarzone, die tief in die Gesellschaft hineinreicht, fotografiert und ergänzt unsere Kopfbilder mit Bildern zu Politik, Industrie, Verarbeitung, Logistik, Entsorgung, Folklore, zu Preisverleihungen, Mythen, Museen, Mastschweinen usw. Präg­nante, teils plakative Portraits zeigen den Menschen in diesem Panoptikum als Bäuerin und Bauer, als Unternehmer und Schaffer, als Täter und Verwalter, als Werbeträger und Lobbyisten. Das Buch ist äusserst sorgfältig gemacht: Papier, Druck, Format passen; längere Bildlegenden und eher spärliche Texte liefern knappe Informationen und bisweilen philosophische Ein- und Ausblicke, die fotografisch schwer sichtbar gemacht werden können. Der Bildband bildet die momentane Landwirtschaft nicht nur ab, sondern macht sie lesbar und fordert zum eigenen Nachdenken auf, wie wir mit der Landschaft, den Tieren, den Pflanzen – und schlussendlich auch mit uns – umgehen wollen. Er tut dies ohne missionarischen oder ideologischen Eifer. Wer trotzdem ein Unbehagen spürt, liegt nicht ganz falsch. gh

Markus Bühler-Rasom:
Landwirtschaft Schweiz

 
288 Seiten, gebunden
200 SW- und Farbbilder
AS Verlag, Zürich 2014
ISBN 978-3-906055-27-5
CHF 68.–, EUR 62.90
www.as-verlag.ch

Über den Kessirand geschaut

Meist ist Alpwirtschaft stark regional geprägt mit ihren Bräuchen, Traditionen, Rechten, Pflichten, von der Tierart über die Bekleidung der ÄlplerInnen bis hin zu Stacheldrähten oder Elektrozäunen. Über den Kessirand spähen wir hier nach Bad Hindelang im Allgäu. Das Buch entstand im Geiste um die Anerkennung der Alpwirtschaft bei der UNESCO als «immaterielles Kulturerbe», was so viel bedeutet wie «Bewahrung traditioneller Kultur und Folklore». Den Autoren aus Politik, Naturschutz, Forschung und Bauerntum gelingt es, die allgäuische Verbundenheit zur Alpwirtschaft aufzuzeigen, ohne in folkloristische Heimattümelei zu verfallen. Interessant, wie sich jenseits der Grenze ähnliche Probleme in Bezug auf Bestossung, Ökologie, Vergandung und Strukturwandel stellen wie bei uns – auch wenn die HindelangerInnen gemäss ihrer Geschichte und ihren Gepflogenheiten eigene, regionale Lösungen ausdenken. gh

Autorenschaft:
Kulturerbe Alpwirtschaft in Bad Hindelang

 
120 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
context verlag, Augsburg 2014
ISBN 978-3-939645-80-1
CHF 28.50, EUR 19.80
www.context-mv.de

Reich dokumentiertes, nostalgisch anmutendes Uri

Wer gerne Fotobücher anschaut, mag dieses Buch! Es dokumentiert den Kanton Uri mit seinen BergbewohnerInnen durch eine grosse Anzahl Fotos. Die einen entsprechen mehr dem ästhetischen, die anderen mehr dem dokumentarischen Anspruch, und bei einigen fragt sich der Betrachter vielleicht, ob sie nötig sind. Nebst einer kurzen Einführung über die Organisation des Kantons führt der Autor den Betrachter vom unteren Reusstal über Schächental und Urnerboden ins obere Reusstal und zu guter Letzt ins Maderanertal. Dabei werden verschiedene Personen und Familien porträtiert, die entweder als Bergbauern, Älpler, Wildheuer oder in weiteren Bereichen tätig sind. Es werden zwar einige interessante Geschichten der abgebildeten Personen angesprochen, die Texte gehen jedoch selten in die Tiefe. Schade auch, dass im Dschungel der Fotos die guten Bilder etwas verloren gehen. Nebst dem Älplertum werden auch das Handwerk der Glockenherstellung, die Schneeräumung am Pass oder Bräuche wie die «Chilbi» gezeigt. pw

Andreas Bachofner:
UR-Alpen

Alp- und Bergleben im Kanton Uri
 
248 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
Gisler Druck, Altdorf 2014
ISBN 978-3-906130-89-7
CHF 39.–

Fotografin Kuh

Alle sieben bis zehn Minuten macht es klick anstatt kling – denn dort wo sonst bei einer Kuhglocke der Klöppel hockt, sitzt die Cowcam. Christoph Sigrist stattet seit Jahren diverse Kühe in der Schweiz mit einer kleinen Kamera aus, die ungefähr dem Blickfeld der Kuh entsprechend in regelmässigen Intervallen ein Bild macht. Mittlerweile haben sich bei Sigrist über 20’000 Bilder angesammelt, gut 200 der Besten sind in diesem Buch versammelt. Dabei sind die Kühe als vielseitig begabte Fotografinnen zu entdecken: mal scharf, mal verschlirpt, mal farbig schreiend, mal pastell verlegen, mal kühn, mal dokumentarisch und vielfach überraschend klicken sie sich ihre Welt zusammen, an der wir mit diesem Buch teilnehmen dürfen. Passionierte Kuhfotografen mag es bekümmern, dass ihre Objekte interessantere Bilder schiessen, als sie selbst. gh

Christoph Sigrist, Daniel von Rüti:
Cowcam

Kühe fotografieren ihre Welt
Texte: Sagita Lehner
 
224 Seiten, gebunden
224 Farbbilder
Faro Fona Verlag, Lenzburg 2014
ISBN 978-3-03781-071-2
CHF 39.90
www.faro-buch.ch
www.cowcam.ch

Seite 3 von 5
(Total Einträge 46)