Musik

Disco mit Örgeli

Sollten sich das Schwyzerörgeli und sein Gefolge vorgenommen haben, in Zukunft Teil der Tanzclubszene zu werden, so befinden sie sich mit «eigernordklang» vom Alpin Project auf dem besten Weg dazu. Zu bounzigen Beats von Dj Flink besingt Barbara Berger den Herrgott der

Alpen, bläst Balthasar Streiff seine Hörner. Hackbrettklänge von Christoph Pfändler und Thomas Aeschbachers sorgfältiges Schwyzerörgelispiel verleihen der Musik überdies bodenständige Eleganz. Die Fusion von Instrumenten, Tradition und Moderne präsentiert sich in bemerkenswerter Selbstverständlichkeit und fängt damit die Zeichen der Zeit genauso wie die Herzen junger heimatliebender, aber weltoffener ÄlplerInnen. ln

Alpin Projekt:
eigernordklang


Zytglogge Verlag, Basel 2015
CD ZYT 4971
www.alpinproject.ch

Echt schon kult geworden

Auf der CD kommen die vier Mannen Reto Kamer (Klavier), Dani Häusler (Klarinette), Markus Flückiger (Schwyzerörgeli, diat. Handorgel) und Sepp Huber (Bass) daher wie eine Rockgruppe. Innen drin , das wissen wir seit Groenemeyer, sind die Männer aber anders, und so kommt aus den Boxen, was von den Bildern kaum erwartet wird. Sattfeste Hudigäggeler und schlenkerwuchtige Polkas, verquirlt mit frech vermischter Ausländermusik und das immer perfekt im Rhythmus und Ton. Folklorepuristen werden die fremdgegangenen Passagen nicht freuen, mir waren diese ein Grund den Rest hören zu lernen. gh

Hujässler:
kulturchig

 
www.hujaessler.ch

Ein Garten voller Gerüche

«Der Röseligarten» wurde 1850 von Otto von Greyerz herausgegeben. Patricia Draeger hat sich respektvoll und behutsam an die Lieder rangemacht, lässt eigene Melodien aus den Wurzeln weiterspriessen und uns teilhaben am Lustgarten der zeitlosen Töne. Improvisationen spielen die Lieder in die heutige Welt hinein.

Patricia Draeger, Akkordeon, Flöte, Gesang; Sergei Simbirev, Akkordeon, Schwyzerörgeli, Gesang; Daniel Häusler, Klarinette, Bassklarinette, Gesang; Marc Draeger, Vibraphon, Marimbaphon, Perkussion, Gesang; Christoph Mächler, Kontrabass, E-Bass, Maultrommel, Gesang; Marc Halbheer, Schlagzeug, Perkussion, Gesang.

Paralpin:
Patricia Draegers «Röseligarte»


www.musiques-suisses.ch

Ein Schaudern in den Muskeln

Auf ihrer Scheibe «a call from the alps» hat «Alpine Experience» zusammen mit den Innerschweizer «Schönbächler Sisters» eine neue Dimension geschaffen. Aus verschiedenen Musikrichtungen kommend, betreten beide Neuland. Das Ergebnis ist ein wunderbares Naturtonabenteuer. Die vier Geschwister pflegen den Naturgesang und den Jodel. Neben traditionellem Liedergut öffnen sie sich für eine experimentelle Begegnung. Agatha, Barbara, Daniela und Monika zeigen keine Berührungsängste. Besonders eindrücklich sind zwei Einspielungen mit der WDR Big Band, aufgenommen in der Kölner Philharmonie.

Alpine Experience and the Schönbächler Sisters:
a call from the alps

 
www.tcb.ch

Ein Volk von vier Musikern

Man meint Volksmusik sei nicht zu spielen, wenn man keinen Alpöhi zum Grossvater hat. Die vier Leute von Pago Libre haben keinen, aber seit Jahren eine musikalische Vergangenheit, die immer wieder Bezug nimmt zu den Volksmusiken der kleinen Schweiz und der grossen Welt. Wehmütige Balladen, überraschende Rhythmen, drängender Bass, flügelschwingende Geige, bergquellklares Klavier, virtuoses Alphorn. Dem Jazz und der Volksmusik entwichen, verschmelzend an den Rändern zurückkehrend und manchmal hört man acht Augen zwinkern und klippern. Fake Folk mag Fake sein und Folk und echter als vieles Ächtes.

Pago Libre:
Fake Folk

 
www.pagolibre.com

Entstaubt

Feg weg den Staub. Seit 2002 hat die Schweiz eine 10000 Stücke umfassende Volksmusik-Enzyklopädie. Der Baslerin Hanny Christen (1899-1976) ist es zu verdanken, dass viele Stücke aus dem 19. Jht vor dem Vergessen bewahrt wurden. Die HujGroup, fünf Musiker aus drei Formationen und vier Gastmusiker haben sich an das kulturelle Erbe gewagt. So wurde der verstaubten Melodien-Sammlung wieder Leben eingehaucht. Die hervorragenden Musiker setzen das ganze so gekonnt um, dass es einem im Tanzbein zwickt.

HujGroup:
Nöis Alts

 
www.musiques-suisses.ch

Erweiterung

Wer bei Alphornklängen weite Berghorizonte, saftige Alpweiden, bestückt mit glücklichen Milchmaschinen und lauter juchzende Sennen vor Augen auftauchen sieht, darf gerne zu «hornroh» greifen und seinem Horizont zur Bilderweiterung verhelfen: Da zwängen sich Kellerverliese, Autobahnen, schreiende statt johlende Sennen in die aufblähende Pupille. Das tschässige bei hornroh ist auf dieser CD etwas weniger intellektuell als bei «zirp», die Melodiebogen ausgeprägter– das macht das Zuhören einfacher und geschmeidiger - manchmal tauchen dann doch Kühe im Reigen auslotender Alphornklänge auf und plötzlich entfährt einem ungewollt ein Juchzer.

hornroh:
findling


www.hornroh.ch

ewig hören

Was ergeben Jodel, Alphorn und Obertongesang? Wenn dann noch eine Melkmaschinenorgel, ein Alperidoo oder ein Wippkordeon dazu kommt ist die Neugierde geweckt wie das wohl tönt. Das was Christian Zehnder und Balthasar Streiff daraus gemacht haben ist mehr als bemerkenswert. Zuerst mit «melken», «schnee» und «inland», dann mit «igloo» geht es auf eine Entdeckungsreise in die Welt der Töne und Klänge. Unglaublich was Christian Zehnder mit seiner Stimme machen kann. Wundersames, Archaisches und Überraschendes was aus Balthasar Streiffs Alphorn und anderen Hörner die Weite ins Ohr sucht.

Stimmhorn:
igloo

 
www.stimmhorn.ch

Für Glogge, Trichle und Konsorten

Ein Stück Musik für Glogge, Trychle, Chlopfe, Schelle, hervorgebracht durch Vieh, Glockengiesser, Treichelschmiede, Älpler, Toningenieur, Wind und Wetter, etc.

  • Vol 1: Diese CD enthält das vielstimmige Glockengeläute einer einzigen Rinderherde (71 min.), aufgenommen am 12. September 1992 (Vollmondnacht) auf der Alp Aelggäu OW.

  • Vol 2: Zusammengefügt zu einer akustischen Reise durch die Klanglandschaften von neunundzwanzig Alpweiden. Das Geläute stammt vor allem von Alpherden aus dem Entlebuch, Muotatal, Schächental, Alpstein und aus Unterwalden (74 min.).

Auf der Website von Cyrill Schläpfer finden sich noch mehr Töne für HeimwehälplerInnen.

Cyrill Schläpfer:
s'Glüüt

 
www.csr-records.ch

Geröllgepolder und winkende Soldanellen

«Der Klang der Berge ist eine Frage der eigenen Wahrnehmung. Seit über 20 Jahren hören wir den Bergen zu und übersetzen mit unseren Instrumenten die alpine Landschaft in unsere Musik. Entstanden ist «bann», unser persönliches Echo der Berge. Glarner Berge gaben unserer Musik die Namen.» So stehts auf dem Booklet der CD und so ist es auch. Bergsturz und Felsengetürme, Nebelschwaden entlang von Grasbändern, Horizonte den Wildbach hinabschluchzend, Geröllgepolder und winkende Soldanellen - dies auf diversen Alphörnern, Posaunen, Hackbrettern, Schlagzeugen und einem Balaphon.

Roland Schiltknecht, Roland Dahinden, Gabriel Schiltknecht:
bann


www.triobann.ch

Gopfertami

Gopfertami, das ist einfach genial schöne und intelligente Musik!

Örgeli, Tuba und Schlagzeug spielen sich temporeich und tönezart entlang heimatlicher und globaler Musik, so, als sei dies sowieso nicht unterscheidbar. Der Uri Rotstock zmitzt auf dem Cover ist nicht Mittelpunkt der Welt, sondern Aussichtspunkt auf die Welt. Und die Menschen auf dieser einen Kugel sind mal traurig, mal lustig, mal beswingt, mal nachdenklich, mal wehmütig, mal verliebt. So zumindest berührt mich diese Musik.

Albin Brun's NAH Trio
Fernsicht

 
www.albinbrun.ch

Gstudiertes Schwyzerörgeli auf rasanter Fahrt

Ein Schwyzerörgeli, wie du es noch nie gehört hast. Jazzig, funkig, bluesig, schräg und schön. Abdampfend, losreissend, lostanzend, agierend wie ein Saxophon, sich um den gestrichenen Bass windend, entlang der Schlagzeugtrommeln rasend. Marcel Oetiker spielt das Schwyzerörgeli quer durch alle Stilrichtungen, locker vom Hocker, obwohl er einer der wenigen ist, die das Örgeli studiert haben. Eine Anlehnung an die Folklore gibt es beim dem Trio nicht. Die schöne Freiheit freut auch das Schwyzerörgeli, und man hört es ihm an. Etwas ausgleichende Gerechtigkeit, denn das Saxophon kann ja auch nichts dafür, dass es für die Hudigäggeler- und Oberkrainer-Bands missbraucht wird. Tipp: Play it loud!

Marcel Oetiker TRIO:
Evolution

 
www.marceloetiker.com

Hängen und baumeln

Kennst du Duduk? Oder Hotchiku, Dvojinice, Tampura, Klangmühle und Polychord - oder wenigstens das Hackbrett? Namen geheimnisvoller Instrumente, auf denen Töbi Tobler, Sandro Friedrich und Heinz Bürgin Musik «zum die Seele baumeln lassen», oder eben zum abhängen, zotteln, davonschweben, sich cremig machen, zerfliessen, gedankenwippen, pflatschen, rocheln, schlankern, gigampfen usw. So meditativ die Musik auch daherkommt, sie braucht trotzdem Aufmerksamkeit, als Background taugt sie nicht. Die Intensität ist bei den leisen Tönen - ihnen im Detail nachzulauschen kann ganz schön beruhigend sein und wirken.

Töbi Tobler, Sandro Friedrich, Heinz Bürgin:
Musik zum abhängen

 
www.toebitobler.ch
www.powerflute.ch
www.pythagoras-instrumente.ch

Hast du mir was mitgebracht?

Jawohl! Vom Marktplatz Schweiz sind SULP mit einem Korb bunter Zutaten zurückgekehrt und haben daraus eine feine CD kreiert. Serviert werden 14 ganz unterschiedliche Instrumentalstücke, in denen sich traditionelle Schweizer Musik mit internationalen Elementen mischt. Mal klingt es nach Jazz oder Blues, dann nach orientalischen oder südamerikanischen Melodien und zwischendurch nach lüpfiger Ländlermusik, durch den Einsatz des Saxophons modernisiert. Als Beilage servieren SULP in einigen Stücken Gesang, der nicht überall gut passt (sie spielen besser, als sie singen). Das Tüpfelchen auf dem i sind die vielen Instrumente, auf denen virtuos gespielt wird – diese lassen sich leider nur erraten, denn Angaben dazu fehlen im Begleitheft. Insgesamt ein hörenswerter Ohrenschmaus. ab

SULP SwissUrbanLändlerPassion:
swiss market place

 
Zytglogge Verlag, Bern 2015
www.sulp.ch
www.zytglogge.ch

Heimkommen

«Volksmusik!» klingt ein bisschen nach Back to the Roots, vom Titel wie auch von der Musik her. Flinke Finger sind wie immer beim Herbert Pixner Projekt garantiert, aber insgesamt tritt die Virtuosität zugunsten der Musikalität einen Schritt zurück. Auch Seitensprünge in die Sparten Jazz und Blues, wie sie Pixner noch auf den CDs «bauern_tschäss» und «Blus’n auf!» zelebriert hat, werden unterlassen. Es ist wie heimkommen: Traditionelle Musikstückli, schlicht, sensibel, feinsinnig gespielt. Die CD erscheint in einer genial handgemachten Hülle aus Ahornholz in einer limitierten Auflage von 3000 Stück, riecht gut, tönt gut. Wer eine hat, ist stolz und muss sie allen Freunden zeigen. gh

Herbert Pixner Projekt:
Volksmusik!

 
Three Saints Records 2016
www.herbert-pixner.com

Heiteri Liedli und Stückli

Ein Tänzchen gefällig? Oder nur mit den Ohren zuckeln zur lüpfigen Musik? Schon viele Jahre sind sie unterwegs, der Multiinstrumentalist Dide Marfurt, die legendäre Jodlerin Christine Lauterburg, der schwyzerverörgelte Simon Dettwiler und der Tanzgeiger «Giigämaa» Matthias Lincke. Von ihren Wandermusikantenwegrändern haben sie ein Sammelsurium urchiger und heiterer Lieder und Tänze gebündelt – neue und alte Musiken aus dem Alpenraum. Spielfreudige Landstreicher in den Fussstapfen historischer Wandergeiger und Spielleute klopfen um Einlass in deine gute Stube. Gut, wenn der Boden glatt gebohnert ist, die Freunde nah und die Stühle an der Wand. Tanzt los mit Bein und Ohr. gh

Landstreichmusik:
Heiteri Schiibe

 
Matthias Lincke 2013
www.landstreichmusik.ch

Herzschläge mit Schnauf

«Vielleicht haben die ja recht, die vorgeben, dass es im Himmel Harfen gibt. Vielleicht auch Flöten und Geigen. Doch ich bin sicher, dass es dort keine Akkordeons gibt, so wie ich sicher bin, dass es dort keine grüne Kuhscheisse gibt, die nach wildem Knoblauch riecht. Das Akkordeon ist für das Leben auf dieser Erde gemacht, die linke Hand gibt den Bass und die Herzschläge an, die Arme und Schultern mühen sich Atem zu schaffen, und die rechte Hand greift nach Hoffnungen!» Das Zitat von John Berger passt ganz treffend zu der Musik von Werner Aeschbacher.

Werner Aeschbacher:
Aeschbacher

 
www.aeschbacher.li

Hey John!

«Hey John, du schickst mir pro Jahr mindestens drei neue CDs, die sich nach fünf anfühlen, so knorplig sprudelig vielschtruppig sind deine Projekte. Hab Erbarmen mit dem Rezensenten! Meinst du, ich habe nichts anderes als John-Wolf-Brennan um die Ohren? Okay, wir wählen «Mountain Songlines». Da hämmerts mir am meisten «Berg» ums Ohr – und am Berg muss sich einer abrackern, um in die zalp zu kommen. Wenn ich dich und das CD-Cover recht verstehe, dann hast du dein Klavier für einige Kompositionen über den Horizont geschoben – Chapeau für diesen Muskelaufwand. Zudem ist bei Pago Libre der Käse bereits einverleibt: No Folklorekitsch, it’s TsCHÄSs! Du bist ein Johndampf in allen Felsbrocken, da gibt es Überraschungen. Mal brauscht eine Lawine zu Tale, mal holpert da und dort ein Stein. Mal lyrt das Waldhorn, mal jazzt das Alphorn. Mal geht der Jodel quer, mal die Songline kreuz. Hey John, dieses Werk ist euch wahrlich farbenreich und vielschichtig gelungen, du kannst mal Pause machen.» gh

Pago Libre
Mountain Songlines

Leo Records 2020
www.leorecords.com
www.pagolibre.com

Hörner, Tasten, Stimmbänder

Was für Laien erst einmal klingt, als wäre Christian Zehnder gerade barfuss in einen Nagel getreten, ist in Wahrheit die hohe Kunst des Jodelns und des Obertonsingens, ausgeübt von einem grossen Meister derselben. Zehnder macht vor, was Stimme ohne Worte sagen kann, und vermengt diese zusammen mit den virtuosen Pianoklängen von John Wolf Brennan und den dumpfen Horntönen von Arkady Shilkloper zu anregenden Stücken, die einem in zurücklehnenden Momenten ein Lächeln aufs Gesicht zaubern können. Vor allem dann, wenn man heimlich versucht, auch mal solche Geräusche zu verursachen ... ln

Brennan, Zehnder, Shilkloper:
Dehei nöd dehei


www.brennan.ch

Hörnern

Wann eigentlich hört man Alphornmusik ab CD aus Boxen oder Kopfhörer? Alphörner gehören doch nach draussen in die Landschaft, ins Gebirge. Oder wenn schon drinnen, dann in weiträumige Hallen, Kirchen, Katakomben. Die Antwort ist kürzer als das Horn: Wenn keiner bläst. Aber wenn schon Alphorn ab CD, dann laut, mit teurem Kopfhörer oder bester Musikanlage, so laut, dass das Horn beim linken Ohr rein, beim rechten Ohr raus und umgekehrt durch den Kopf schallt. Das Quartett Alphorn Experience hat Schmetterboxen verdient. Drei Jahre schon hörnern die vier Mannen von Matten und Bühnen, entstauben respektvoll traditionelle Stückli, funken verteufelt virtuos mit jazzigen Tönen, wagen sich mit dem Alperidoo unerschrocken an neue Spieltechniken. Okay, Ähnliches machen andere Musiker auch, das Ausloten von Volksmusik und ihren Instrumenten zwecks Erweiterung der Hörgewohnheiten beim Eintritt in den Schallraum von Tradition und Moderne ist beliebt geworden. Trotzdem ist es schön. gh

Alphorn Experience:
Mikado


Alphorn Experience, Köniz 2016
www.alphornexperience.ch

hornroh: zirp

Höhen- und Höhlenmusik. Hornroh sind Anita Kuster, Ruedi Linder, Martin Roos und Balthasar Streiff an diversen Alphörnern, am Büchel, der Lure und der Aluminiumfolie. Aufgenommen im Saalbau in Aargau tönen Büchel und Alphörner mehr nach Höhlenmusik als nach Höhenmusik. Am schönsten und eindringlichsten, wenn der Beton bröckelt und die Töne aus dem Saal flattern. Insgesamt keine leichte Kost, dafür reichts für Entdeckungen bis in die Pension.

hornroh:
zirp

 
www.hornroh.ch

Im Rhythmus von Alp und Autobahn

Ansaugen, verdichten, arbeiten und ausstossen. Dabei macht die Kurbelwelle zwei Umdrehungen – so funktioniert der Viertaktmotor. Er ist die Essenz unserer Lebensform. Ob der Aebi-Traktor auf der Alp oder der alte Porsche auf der Autobahn, beide fahren im Viertakt-Rhythmus. Endlos. Aber auch ein Hackbrett, Bass, Cello und Akkordeon können Töne ansaugen, sie verdichten, mit ihnen arbeiten auf weiten Ausflügen in die Klangwelt und sie schliesslich ausstossen zu zauberhafter und vielseitiger Musik. Nayan Stalder, Laurin Moor, Kaspar Eggimann und Raphael Heggendorn heissen die Traktor- und Porschefahrer. Sie schöpfen auf ihrer CD «Siebesiech» aus dem Groove des strengen Viererrhythmus, vermischen ihn mit dem Dreiertakt, scheuen Synkopen nicht, brausen über die Autobahn und knattern dem Hang entlang. Der gemeinsame Nenner ihrer Musik wird vom Hackbrett betont – Volksmusik aus dem Alpenraum, aus Osteuropa, aus aller Welt. Und wir freuen uns hörend, was der Groove mit singender Musik zu tun hat, und wie wichtig der sichere Takt ist, über den diese vier Musikanten traumwandlerisch verfügen. Köbi Gantenbein

Viertaktmotor
Siebesiech

Live aufgenommen im Restaurant «Heitere Fahne» in Wabern
Narrenschiff 2022

www.viertaktmotor.ch

Im Takt der Güllenpumpe

John Wolf Brennan alleine am Klavier, unterwegs über Stock und Stein, Tasten und Saiten. Da tanzt das Murmeltier, es gluckert das Wasser, es begleitet der Rigibahn-Tacho oder die Güllenpumpe. Die Klaviersaiten werden geschlagen, gezupft, behämmert, gestrichen, woraus sich Landschaften bilden, weite Sichten, enge Täler, scharfe Steine, wollige Wolken. Die selten gespielte Melodica ergänzt zeitweilig wehmütig oder verspielt das Klavier.
Immer darf Musik nicht nur gefällig sein, das würde sie zu sehr einschränken. Wer also hören lernen will, muss zuhören, sich einhören – konsumieren allein genügt nicht, damit die Klänge an der Seele harzen. Genial ist das Stück Klavier sich um die Rhytmik der im 9/8-Takt ratternden «Aecherli»-Güllepumpi von 1929 windend. Es gibt dazu eine schöne Geschichte, die bleibt hier unerzählt, die erzählt Brennan mit seiner Musik.

John Wolf Brennan:
The Speed of Dark 

 
www.leorecords.com

In der Juuzer Schule

Wenn man Muotataler juuzen hört, so denkt man, dass dieses Singen dem Menschen gleichsam angeboren ist. Aber ochä lätz, juuzen geht nicht einfach so. Nun hat der Juuzer Bernhard Betschart zwei «Lern-CDs» herausgegeben, damit ich diese Kunst zu Hause in der Stube lernen könne. Und so legte ich das «Mälch-Jüüzli» von der ersten CD in meinen Apparat, es schien mir ein biografisch guter Einstieg. Schliesslich bin ich der Enkel von Silvester Disch, der viele Jahre der Senn auf dem «Grüscher Älpli» im Prättigau war. Zuerst tönt das Jüüzli in drei Stimmen voller Inbrunst aus dem Lautsprecher. Dann singt Betschart Stimme um Stimme. Die zu lernende ist im Vordergrund, die melodieführende gedämpft im Hintergrund. Doch ich scheitere, denn so schön zerlegt steigt mein Respekt vor dieser Musik, und Betscharts so wohlklingende und über tausende Jüüuli erfahrene Glockenstimme gibt mir den Rest. Aber ich scheitere bereichert. Ich freue mich stumm an den fein unterschiedlichen Stimmungen, den vielfältigen Rhythmen und komme den Dissonanzen auf die Spur, wenn zwei Lagen aneinander kratzen. Und schön, wie Bernhards Glockenstimme leise oben ausschwingt und dank der Tontechnik die Basslinie tönt, wie wenn ein mongolischer Reiter seine Obertonmeditation sänge. Kurz – aus Bernhard Betscharts Lehrstunde wird ein mich überraschendes Hörvergnügen – eine CD, die ich oft hören werde. Köbi Gantenbein

Bernhard Betschart:
Juuzä wiä im Muotatal


Bernhard Betschart 2019
www.bernhardbetschart.com

Jung & Frisch

Jung und frisch, wer wollte das nicht sein, nicht haben, nicht hören. Die drei Frauen Katharina, Anna und Maria (im Alter zwischen 23 und 25 Jahren) graben sich auf der Steirischen Harmonika, Geige, Harfe und mit Gesang durch die traditionelle Tiroler Volksmusik. Alts und Nöis, fern von oberkrainerischer Verhunzung, sauber gespielt, das Herz und die Gemütlichkeit mit dabei. Ewig werden die Musikantinnen nicht jung bleiben, aber wenn die Frische bleibt … gh

Jung & Frisch:
Dia brauch mar nö


Three Saints Records 2015
www.jungundfrisch.at

Kinderfreude

Wer kennt nicht die Fränzlis da Tschlin? Wie sie hüpfen, springen, tirilieren, fabulieren und spielen, als gäbe es keine Grenzen, seit über dreissig Jahren. Und nun dies: Sie singen. Die Fränzlifrauen wie die Nachtigallen, die Fränzli-Väter und der Fränzli-Onkel als Heldenbariton und Matadorenbass. Und mit ihnen Corin Curschellas. 55 «Chanzuns rumantschas per uffants» haben sie zusammengestellt zu einem reichen Spiegel der Volksmusik aus Romanisch Graubünden. «Dai & Hop!» heisst die CD. Neben der Musik fasziniert mich die Ideologie dieser Suite der Kinderkunst. Das behütete Kind wurde vom städtischen Bürgertum im 19. Jahrhundert erfunden. Erst die revidierte Bundesverfassung von 1874 hat Kinderarbeit eingeschränkt. In den Alpen galt sie noch fünfzig Jahre später als normal. Das Kind als Musik- und Kunstprojekt ist eine neumodische Erfindung. «Chanzuns rumantschas per uffants» sind für mich so auch ein Trost. Neben den harten Lebensbedingungen der Kinder in der Generation noch unserer Eltern, neben den Verdingkindern und den Kindern der Landstrasse, neben den auf den Alpen als Knechtli und Batzger ausgebeuteten Buben soll es auch die singenden Kinder gegeben haben, und gab es sie nicht, so stelle ich mir vor, es hätte sie gegeben. Köbi Gantenbein

1, 2, 3! Dai & Hop!
Corin Curschellas und Ils Fränzlis da Tschlin


R-Tunes 2020
www.fraenzlis.ch
www.corin.ch

Kontrolliert Unkontrollierbares

Acht Jahre mussten die Fans der Hujässler ihre altgeliebten CD-Scheiben durch den Player raffeln, aber jetzt gibts neues Futter. HujArt ist der hujässlerschen Tradition treu geblieben; die Hansdampfen klarinettblasen, klaviertasten, schwyzerörgelquetschen, basszupfen sich virtuos durch alle Gassen der Volks- und Weltmusik. In der Seele ihrer Musik steckt viel Klassik, Rock, Jazz, Pop, Schlager – auch wenn es sich in den Ohren und Beinen wie Volksmusik anfühlt. Oder wie es die Hujässler selber rund um ihre CD schreiben: «Vorsicht: Diese Kunstscheibe enthält Tonfolgen aus artgerechter und kontrollierter Instrumentalhaltung. Der Konsum aufeinanderfolgender Töne (Intervalle, Kadenzen usw.) kann Ihre Wahrnehmung nachhaltig beeinflussen und unkontrollierbare, emotionale Reaktion auslösen.» gh

Hujässler: HujArt
 
Hujgroup, Schwyz 2015
www.hujgroup.com
www.hujaessler.ch

Kult Ur

Zum Film die Musik mit Rees Gwerder, Mosibuebä, Buofle-Wisi, Jakob Alder, Jakob Düsel, Sity-Domini u.a. Der Kult-Film über lauterzeugende Inner- und Ostschweizer, die gegen die Ruhe auf den Alpen und später gegen die Melkmaschine anzusingen versuchen. Die Löckler und Juchzer, aber auch die instrumentale Musik zeigen unverbrauchte Volksmusik, wie sie bei Sepp Trütsch oder Wisel Gyr selig nicht mehr vorkommen. Ob dies wirklich der Blues der Schweiz ist, mag ich bezweifeln, dafür kommt eine Eigenständigkeit zum Ausdruck, die rauh um die Ohren streicht. Dass diese Musik das Volk allzuoft in einer Engstirnigkeit versammelt, die sie nicht nötig hätte, ist schade.

Cyrill Schläpfer:
Ur-Musig

 
www.swisskulthits.ch

Lab statt Space

Mit Alphorn, Stromgitarre und Elektronik den alpinen Raum ausloten, das wollen Mike Maurer und Jan Trösch. Das klingt verwegen, also probiere ich es aus. Aufgrund fehlender Felswände lasse ich die Musik in die Stube tröpfeln, erst leise sich an den Hauswänden entlangschmiegen, dann reize ich den Volumeregler aus, bis dass die Boxen ruckeln und mein Zwerchfell pocht. Hm. Hm. Sauber gespielt, die Gitarre sägt kräftig an den Alphornklängen, die Loops schlängeln sich unverschämt dazwischen. Aber der alpine Raum will sich mir nicht öffnen. Der Groove fehlt, der Swing fehlt, die Lawine, die Geröllhalde, der Miststock fehlen. Alles klingt mehr nach Lab als nach Space. Gut möglich, dass es nur mir so geht, so nehmt selber einen Schnupf: www.alpine-spacelab.ch. gh

Alpine Spacelab:
Transalpin


Alpine Spacelab 2016
www.alpine-spacelab.ch

Lauter Blumen in diversen Gärten

Nach dem Volksmusik-Sampler «Röseligarte» gehts jetzt höher hinauf zum Vrenelis Gärtli. Diesmal sind versammelt die Crème de la Crème der Neuen Schweizer Volksmusik: Klangcombi, Max Lässer, Helvetic Fiddlers, Töbin Tobler, Arkaday Shilkloper, Montferrine, Christian Zehnder, bArde, Marcel Oetiker, Ils Fränzlis da Tschlin, Hanneli-Musig, Noldi Alder, Albin Brun, Roberto & Dimitri, hornroh, Dou Räss-Gabriel, Geschwister Küng und Thierry Lang. Fast alle findet man auch sonst in unserer Musikauswahl. Das Pflanzen dieser Blumen in Ohren und Tanzbeine aus Vrenelis Garten ist für only fünf Franken zu haben. gh

Verenelis Gärtli

www.musiques-suisses.ch

Seite 2 von 4
(Total 115)