Vom Unterengadin zum Vierwaldstättersee
Wer mit einem Alphornisten in einer Kapelle spielt, kann etwas erleben – denn sein Instrument, die Klarinette etwa, ist so gestimmt, dass die Stückli gerne in Fis-Dur zu spielen sind, damit es dem Alphorn aufgeht: sechs Kreuze! Vielleicht ist es diese Zumutung, weshalb die Alphörner lieber allein unterwegs sind oder im Chörli mit ihresgleichen? Freilich, es gibt Virtuosen wie den russischen Musiker Arkady Shilkloper, der sein Alphorn so spielen kann, dass sich der Klarinettist nicht die Finger verbiegen muss. Wie das geht, hören wir auf der 15. CD der Band Pago Libre mit Shilkloper, John Wolf Brennan (Klavier et al.), Florian Mayer (Geige) und Rätus Flisch (Bass). Die vier nehmen uns mit auf eine weite Reise durch den Jazz und den ländlichen Raum – es gibt den Ton gewordenen «Föhnsturm» vom Vierwaldstättersee im 13/8-Takt oder das «Goldseeli», einen traumtänzerischen Walzer aus der Innerschweiz. Shilkloper spielt da das Horn – ein in Jazz und Volksmusigkapellen ebenso seltenes Instrument wie das Alphorn. Reizend denn auch, welche neue Hörfreude Pago Libre altbekannten Stückli bereiten. So hat John Wolf Brennan im Unterengadin «3 x 7 = 21 + 9 = 30» ausgegraben, ein Lied von Fränzli Waser. Und wie Fränzli und seine Hunderten Nachfolger in der Volksmusig hat auch Pago Libre eine Eigenart: Es gibt weder Pauke noch Trommel für den Rhythmus – die vier Musiker sorgen selber für flotten Takt. Köbi Gantenbein