
Albedo – Musik zur Klimakrise
Die Albedo ist das Mass, in dem eine Oberfläche Sonnenstrahlen reflektiert – Schnee hat eine Albedo von 0,9, wirft also fast alles Licht zurück, Wald hat eine von 0,05. Die Albedo ist in den letzten Jahrzehnten um bis zu acht Prozent gesunken. Klimawissenschaftler nehmen das als Zeichen für die Klimakatastrophe – je weniger Rückstrahlung desto mehr Weltuntergang. Doch so streng wie die mathematisch-physikalischen Bestimmungen der Kosmologie sind die der Musik keineswegs. Die sieben Blasmusikanten der Kapelle «Federspiel» vertrauen dem schön weichen Klang des Wortes «Albedo», sie fliegen aus zu Bildern und Stimmungen, zu Dunkelheit und Trauer, zu Licht und Zuversicht. Choräle in allen möglichen Konstellationen und Farben, immer wieder mit Dämpfer gespielte Trompeten, schmelzende Balladen aus der Trompete und bei aller Lust zum vollen Gebläse immer Rücksicht, damit die Klarinette nicht verloren geht – das stimmt diese Blechmusik fein und virtuos. «Federspiel» bedient sich bei der Blechmusik der Schützen, bei den Beständen der grossen Opern, von denen ja die meisten kräftige Blechmusik brauchen, wenn der Held über die Bühne reitet, und die Musikanten erfinden freilich viele eigene Klänge. Ganz trüb ist die Welt trotz der abnehmenden Albedo nicht – ein Wiegenlied schliesst als zehntes Stückli die CD ab, komponiert von einem Federspieler, der träumte Vater zu werden und es schliesslich geworden ist. Köbi Gantenbein