Musik

3 x Pixner Projekt

Auf unserem Roadtrip durch die Rocky Mountains lassen mein Freund und ich uns das Album «Summer» vom Herbert Pixner Projekt in voller Lautstärke um die Ohren tschätteren und staunen über die unerschöpfliche Vielfalt der Stilrichtungen, die weniger aufeinanderprallen, als sich zu einem stimmigen Ganzen zusammenzufügen. «Kannst du mal etwas leiser stellen?» «Häh? Verdammt gueti Musig, wart, ich stell mal etwas lauter.» «Ja es fägt, aber bald bricht das Akkordeon auseinander und die Rocky Mountains wackeln schon.» «Gell geil, wie der Pixner an der Handorgel zerrt und die Heidi an der Harfe zupft. Play it loud!» «Hörst du mir überhaupt zu?» «Was sagst du? Bis mal still, ich will jetzt Musig lose! Jetzt wirds total lüpfig, gspürsch’s i dä Zechä?»

Das Herbert Pixner Projekt macht nicht nur gute Laune und warme Füsse in den Rocky Mountains, es hilft auch bei durchgeweichten Schuhen und durchwachten Nächten auf der Alp. Einzigartig hörenswürdig und im Dreierpack erhältlich. ln

Herbert Pixner Project:
Summer und Live on Tour

Special 2 Disc Edition

Three Saints Records 2016/2017
www.herbert-pixner.com

Ab die Post!

Schwyzerörgelimusig, die sägt und wuchert, die poltert und fägt. Mal urchig traditionell, mal widertäktig schräg und allzeit intelligent. Da mag sich manches ländlergewohnte Tanzbein in den kuriosen Rhythmen verheddern, aber mit dieser Musik macht sogar Straucheln Freude. Marcel Oetiker, der Multiquetschakrobat am Schwyzerörgeli, mit Robin Mark, Tausendheirassa am Schwyzerörgeli, sowie Pirmin Huber, Groovekatalysator am Kontrabass, spielen Eigenständiges und Kopiertes bekannter Volksmusikkomponisten wie Josias Jenny, Josef Stump und Kasi Geisser. Wer da noch hocken bleibt, dem wackeln zumindest die Arschbacken. gh

Kapelle Purzelbaum:
Heimlifeiss


Phonoplay 2013, PCD 7901
www.purzelbaum.org

Aeschbacher x Hägler

Aeschbacher auf seinem Langnauerli und Hägler als Schlaginstrumentalist, der alles zum Trommeln benutzt, das sich dazu eignet, seien es Ölfässer oder seine Stromgitarre. Die beiden stossen in eine neue Dimension der Volksmusik vor, eine Art Volxblues. Den Traditionellen werden zwar die Haare geradestehen, falls vorhanden, aber der offene Zuhörer wird an der Musik die hellste Freude haben.

Aeschbacher x Hägler
 
www.aeschbacher.li

Albedo – Musik zur Klimakrise

Die Albedo ist das Mass, in dem eine Oberfläche Sonnenstrahlen reflektiert – Schnee hat eine Albedo von 0,9, wirft also fast alles Licht zurück, Wald hat eine von 0,05. Die Albedo ist in den letzten Jahrzehnten um bis zu acht Prozent gesunken. Klimawissenschaftler nehmen das als Zeichen für die Klimakatastrophe – je weniger Rückstrahlung desto mehr Weltuntergang. Doch so streng wie die mathematisch-physikalischen Bestimmungen der Kosmologie sind die der Musik keineswegs. Die sieben Blasmusikanten der Kapelle «Federspiel» vertrauen dem schön weichen Klang des Wortes «Albedo», sie fliegen aus zu Bildern und Stimmungen, zu Dunkelheit und Trauer, zu Licht und Zuversicht. Choräle in allen möglichen Konstellationen und Farben, immer wieder mit Dämpfer gespielte Trompeten, schmelzende Balladen aus der Trompete und bei aller Lust zum vollen Gebläse immer Rücksicht, damit die Klarinette nicht verloren geht – das stimmt diese Blechmusik fein und virtuos. «Federspiel» bedient sich bei der Blechmusik der Schützen, bei den Beständen der grossen Opern, von denen ja die meisten kräftige Blechmusik brauchen, wenn der Held über die Bühne reitet, und die Musikanten erfinden freilich viele eigene Klänge. Ganz trüb ist die Welt trotz der abnehmenden Albedo nicht – ein Wiegenlied schliesst als zehntes Stückli die CD ab, komponiert von einem Federspieler, der träumte Vater zu werden und es schliesslich geworden ist. Köbi Gantenbein

Federspiel
Albedo

o-tone music 2022

www.o-tonemusic.de
www.feder-spiel.net

All That Rees

Man erählt, er habe zweitausend Stücke im Kopf gehabt, der Rees. Das musste er, denn Noten konnte er nicht lesen. Das Konservatorium enthält vier CDs plus ein Büchlein oder vielmehr: Musikantenweisheiten, Interviews, Gespräche, Dialekt, Sprüche, Biografisches, Historisches, Authentisches und unveröffentliche Aufnahmen. Wer Örgeli spielt oder gerne hört, kommt an Rees Gwerder nicht vorbei. Sein Spiel ist voller Swing, seine Sprüche knochentrocken. Cyrill Schläpfer hat ihm mit dem Film UR-Musig ein Denkmal gesetzt, mit dem Konservatorium legt er noch einen Stein dazu. Trotzdem wird Rees weiter im Örgelihimmel die Beizen beschallen und an seiner Krummen ziehn. «Es isch wiis isch.» (gh)

Rees Gwerder:
Das Konservatorium

 
www.csr-records.ch

Alte Schinken neu geschnitten.

Altes Liedgut neu aufgemacht ist im Trend. So auch bei eCHo, einer hochkarätigedelsteinigen und losen Formation um Dide Marfurt und Thomi Erb, manchen als Doppelbock bekannt. Am Gesang Corin Curschellas, Christine Lauterburg und Walter Lietha, da kann für Heimatbegeisterte (und Gestriggebliebene wie mich) fast nichts mehr schief gehen. Es wird mit Lust gespielt, aber am schönsten sind die wehmütigen Lieder, deren Text mehr hergibt, als man damals beim schulmeisterlichen Gesangsunterricht meinte.

Attwenger: Dog

Volksmusik Hardcore. Attwenger haben anfangs der 90iger Jahren mit Schlagzeug und Harmonika die wohl behütete und gut bewachte Volksmusik umgekrempelt. Wild schlagzeugschlagend, handorgelknetend und maulrappend waren die drei CDs «Luft», «Most» und «Song» Labsal für den österreichischen Punker mit einem Fünkchen Heimweh nach Volksmusik unterm Leder.

Die aktuelleren Attwenger sind weniger an der Volksmusik orientiert, weniger hard und mehr minimal music. Das Titelstück «Dog» ist alte Schule und grandios. (gh)

Attwenger:
Dog

 
www.attwenger.at

Auch mal wehmütig

Am schönsten ist das Örgeli, wenn es die Töene langzieht – und man fragt sich, wieso dies in der Volksmusik so selten geschieht. Albin Brun macht es, zum Teil wenigstens, und wo es dann doch schneller zu und her geht, bringt Andy Aegerter, aus Buenos Aires stammend, südliche Rhythmen ein. Aber einfach nur verjazzt sind die Schweizer Lieder nicht, das wäre doch zu nostalgisch. Heute werden Volkslieder frisch von der Leber gespielt, ohne moralische Schrägakkorde. Die nächste CD wünsche ich mir live eingespielt, das nimmt den Musikkanten die letzte Zurückhaltung und lässt sie spielen wo sie hingehören: zu den Leuten.

Albin Brun's NAH Trio
Nahaufnahmen

 
www.albinbrun.ch

Auf dem Markt

Ob quer oder Schnitt oder Querschnitt – alles passt zu dem Sampler vom Alpentöne-Festival 2019. Ein Schnitt mit der Machete durch den bunten Musikstrauss von über 50 Konzerten, ein Klangbouquet von aufrecht bis quer. Die Alptöne-Konzerte sind so etwas wie ein Flanieren über den Markt aktueller Alpin- und Neuer Volksmusik, man trifft alte Bekannte sowie unabsichtlich Ignorierte aus der Szene. Längst nicht alles alphornet von Schweizer Felswänden, ebenso geraten skandinavische, italienische und iranische Tonstücke ins Fondue. Auch wenn nicht alles gefällt, interessant ists allemal. gh

Alpentöne
Ein Querschnitt durch das Festival ’19


Alpentöne 2019
www.alpentöne.ch

Beetgetrampel

Warum mir die Pflanzplätzen immer wieder von neuem gefallen: Sie spielen einfach unbekümmert gut. Zwei Örgeli, ein Bass und Freunde oder Gitarren und Klaviere. Es macht einfach Spass. Musik vom heimischen Pflanzplätz und nördlichen Auslanden. Was einfach lupfig ist und unverkrampft. Keine bemühenden Anlehnungen an Jazz und Avantgarde und doch freche und humorvolle Arrangements quer durch die Beete bekannter Lieder und Tänze. Einfach gelungen der Versuch des Sohnes Aeschbacher sich des Vaters «Stüdubärg» anzunehmen, eines der traurigsten und wehmütigsten Stücke neben dem «Moosruef» von Hans-Jürg Sommer. Eben einfach gut und einfach schön und genau deswegen. gh

Pflanzplätz:
querbeet

 
www.pflanzplaetz.ch

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