Musik

Heimkommen

«Volksmusik!» klingt ein bisschen nach Back to the Roots, vom Titel wie auch von der Musik her. Flinke Finger sind wie immer beim Herbert Pixner Projekt garantiert, aber insgesamt tritt die Virtuosität zugunsten der Musikalität einen Schritt zurück. Auch Seitensprünge in die Sparten Jazz und Blues, wie sie Pixner noch auf den CDs «bauern_tschäss» und «Blus’n auf!» zelebriert hat, werden unterlassen. Es ist wie heimkommen: Traditionelle Musikstückli, schlicht, sensibel, feinsinnig gespielt. Die CD erscheint in einer genial handgemachten Hülle aus Ahornholz in einer limitierten Auflage von 3000 Stück, riecht gut, tönt gut. Wer eine hat, ist stolz und muss sie allen Freunden zeigen. gh

Herbert Pixner Projekt:
Volksmusik!

 
Three Saints Records 2016
www.herbert-pixner.com

Jung & Frisch

Jung und frisch, wer wollte das nicht sein, nicht haben, nicht hören. Die drei Frauen Katharina, Anna und Maria (im Alter zwischen 23 und 25 Jahren) graben sich auf der Steirischen Harmonika, Geige, Harfe und mit Gesang durch die traditionelle Tiroler Volksmusik. Alts und Nöis, fern von oberkrainerischer Verhunzung, sauber gespielt, das Herz und die Gemütlichkeit mit dabei. Ewig werden die Musikantinnen nicht jung bleiben, aber wenn die Frische bleibt … gh

Jung & Frisch:
Dia brauch mar nö


Three Saints Records 2015
www.jungundfrisch.at

Ab die Post!

Schwyzerörgelimusig, die sägt und wuchert, die poltert und fägt. Mal urchig traditionell, mal widertäktig schräg und allzeit intelligent. Da mag sich manches ländlergewohnte Tanzbein in den kuriosen Rhythmen verheddern, aber mit dieser Musik macht sogar Straucheln Freude. Marcel Oetiker, der Multiquetschakrobat am Schwyzerörgeli, mit Robin Mark, Tausendheirassa am Schwyzerörgeli, sowie Pirmin Huber, Groovekatalysator am Kontrabass, spielen Eigenständiges und Kopiertes bekannter Volksmusikkomponisten wie Josias Jenny, Josef Stump und Kasi Geisser. Wer da noch hocken bleibt, dem wackeln zumindest die Arschbacken. gh

Kapelle Purzelbaum:
Heimlifeiss


Phonoplay 2013, PCD 7901
www.purzelbaum.org

Alle ungeraden Jahre wieder

Am Festival «Alpentöne» treffen sich in den ungeraden Jahren MusikerInnen aus nah und fern mit allerlei Berg- und Volksmusik im Gepäck. Die CD «Alpentöne» fasst jeweils «The Best of» zusammen für alle, die nicht dabei waren, und für alle, die sich alptönern erinnern wollen. Wer sich einen Überblick zum musikalischen Schaffen der erweiterten alpinen Volksmusik verschaffen will, gelangt mit der CD auf die höchsten Gipfel. Diesmal mit dabei: Ils Fränzlis da Tschlin, Alpini Vernähmlassig, Geschwister Küng, Hans Hassler, Wiener Choralschola und weitere mehr. gh

Alpentöne:
Ein Querschnitt durch das Festival ’15


Musiques Suisses, Zürich 2015
www.musiques-suisses.ch

Lauter Blumen in diversen Gärten

Nach dem Volksmusik-Sampler «Röseligarte» gehts jetzt höher hinauf zum Vrenelis Gärtli. Diesmal sind versammelt die Crème de la Crème der Neuen Schweizer Volksmusik: Klangcombi, Max Lässer, Helvetic Fiddlers, Töbin Tobler, Arkaday Shilkloper, Montferrine, Christian Zehnder, bArde, Marcel Oetiker, Ils Fränzlis da Tschlin, Hanneli-Musig, Noldi Alder, Albin Brun, Roberto & Dimitri, hornroh, Dou Räss-Gabriel, Geschwister Küng und Thierry Lang. Fast alle findet man auch sonst in unserer Musikauswahl. Das Pflanzen dieser Blumen in Ohren und Tanzbeine aus Vrenelis Garten ist für only fünf Franken zu haben. gh

Verenelis Gärtli

www.musiques-suisses.ch

Rosen mit Stacheln und ohne

Das Frischeste von Altem, was die Schweiz tönend zu bieten hat, ist auf «Röseligarte» versammelt. Hinter dem Begriff «Neue Schweizer Volksmusik» verbirgt sich keine Zusammenrottung schiefspielender Jazzer, sondern der Nidel de la Schlagrahm aktuell spielender VolksmusikantInnen: Hujässler, Alderbuebe, Oberwalliser Spillit, Duo Räss-Gabriel, Töbi Tobler, Swiss Ländler Gamblers und ein paar wichtige mehr. Es klingt vom Halszapfen-Jodel über horizontstreifender Trompete bis zur schunkelnden Dampfschiffahrt. Eingeweihte kennen sicher viele der Stücke, wer aber als InteressierteR von aussen ins Schaffen heutiger Volksmusik reinhören will, soll das hiermit tun. Die CD hat einen subventionierten Sonderpreis von fünf Franken und ist jeden Rappen wert. (gh)

Röseligarte
 
www.musiques-suisses.ch

Schwyzerörgeli-Pioniere

Ausgehend von der Innerschweiz beginnt das Schwyzerörgeli anfangs des 20. Jahrhunderst die öffentlichen Tanzplätze zu erobern. Es brauchte allerdings Musikanten, die das neue Instrumente beherrschten und den Innerschweizer Tanzmusikstil mit Blasinstrumenten, Geige und Kontrabass auf das Schwyzerörgeli zu übertragen wussten. Einer davon war Josef Stump, der «Stumpä Sebäli», Bauernsohn, Älpler, Gelegenheitsarbeiter und eben Musikant. Mit seinem Freund Balz Schmidig, der «Enzener Balz», loteten sie das noch junge Schwyzerörgeli in all seinen Facetten und Möglichkeiten aus. Stump war ein Virtuose mit Ecken und Kanten und pflegte einen raschen, ruppigen Stil mit gewaltigem Zug und treibendem Rhythmus – Schmidig hingegen war eher der lyrische, runde, ausgewogene Spieler (gekürzt nach Dieter Ringli). Sie haben musikalisch-wertvolle Stücke hinterlassen, die sich auf der CD hören und mit den Noten nachspielen lassen.

Auf der CD spielen: Reto Grab, Daniel Gwerder, Armin Heinzer, Sepp Huber, Alois Lüönd, Daniel Schmidig und Seebi Schmidig, ergänzt durch wenige tolle Originalaufnahmen. Herausgeber sind das Haus der Volksmusik und der Mülirad-Verlag in Altdorf.

Josef Stump und Balz Schmidig
 
www.hausdervolksmusik.ch
www.muelirad.ch

All That Rees

Man erählt, er habe zweitausend Stücke im Kopf gehabt, der Rees. Das musste er, denn Noten konnte er nicht lesen. Das Konservatorium enthält vier CDs plus ein Büchlein oder vielmehr: Musikantenweisheiten, Interviews, Gespräche, Dialekt, Sprüche, Biografisches, Historisches, Authentisches und unveröffentliche Aufnahmen. Wer Örgeli spielt oder gerne hört, kommt an Rees Gwerder nicht vorbei. Sein Spiel ist voller Swing, seine Sprüche knochentrocken. Cyrill Schläpfer hat ihm mit dem Film UR-Musig ein Denkmal gesetzt, mit dem Konservatorium legt er noch einen Stein dazu. Trotzdem wird Rees weiter im Örgelihimmel die Beizen beschallen und an seiner Krummen ziehn. «Es isch wiis isch.» (gh)

Rees Gwerder:
Das Konservatorium

 
www.csr-records.ch

Schtimm & Schwyzerörgeli

Schuurig schön, truurig schön, einfach und doch raffiniert intelligent sind die Stücke auf der Platte von Nadja Räss und Markus Flückiger. Eine gute Stunde Tonmaterial entführt die HörerInnen mit einer betörenden Symbiose zwischen wehmütigen Jodelgesängen und vielschichtigen Orgelklängen in die Vergangenheit: Das Duo interpretiert Texte vom Einsiedler Schriftsteller und Dichter Meinrad Lienert, der von 1865 bis 1933 gelebt hat. Sagenhafte Geschichten mit Bildern vergangener Zeiten singt Räss im Dialekt und verleiht mit ihrer umfangreichen Stimme einer jeden ihre eigene Emotionalität. Manches Stück kommt in diesem Belang auch ganz ohne Worte aus, reine Örgelitöne oder Vokaljodeleien reissen spielerisch mit und berühren im Innersten. ln

Duo Flückiger-Räss:
Fiisigugg


Flückiger-Räss 2019
nadjaraess.ch
www.markusflueckiger.com

In der Juuzer Schule

Wenn man Muotataler juuzen hört, so denkt man, dass dieses Singen dem Menschen gleichsam angeboren ist. Aber ochä lätz, juuzen geht nicht einfach so. Nun hat der Juuzer Bernhard Betschart zwei «Lern-CDs» herausgegeben, damit ich diese Kunst zu Hause in der Stube lernen könne. Und so legte ich das «Mälch-Jüüzli» von der ersten CD in meinen Apparat, es schien mir ein biografisch guter Einstieg. Schliesslich bin ich der Enkel von Silvester Disch, der viele Jahre der Senn auf dem «Grüscher Älpli» im Prättigau war. Zuerst tönt das Jüüzli in drei Stimmen voller Inbrunst aus dem Lautsprecher. Dann singt Betschart Stimme um Stimme. Die zu lernende ist im Vordergrund, die melodieführende gedämpft im Hintergrund. Doch ich scheitere, denn so schön zerlegt steigt mein Respekt vor dieser Musik, und Betscharts so wohlklingende und über tausende Jüüuli erfahrene Glockenstimme gibt mir den Rest. Aber ich scheitere bereichert. Ich freue mich stumm an den fein unterschiedlichen Stimmungen, den vielfältigen Rhythmen und komme den Dissonanzen auf die Spur, wenn zwei Lagen aneinander kratzen. Und schön, wie Bernhards Glockenstimme leise oben ausschwingt und dank der Tontechnik die Basslinie tönt, wie wenn ein mongolischer Reiter seine Obertonmeditation sänge. Kurz – aus Bernhard Betscharts Lehrstunde wird ein mich überraschendes Hörvergnügen – eine CD, die ich oft hören werde. Köbi Gantenbein

Bernhard Betschart:
Juuzä wiä im Muotatal


Bernhard Betschart 2019
www.bernhardbetschart.com

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