Die Botschaft der Alpsennenkurse

Noch ist der Alpsommer in weiter Ferne. Die arbeitsstillere Zeit bietet Gelegenheit zur Weiterbildung. 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer freuten sich am guten Klima des Alpsennenkurses vom Februar an der Landwirtschaftlichen Schule in Seedorf UR.


                        
                            
                        
                            
                                
                            
                        
    


                        
                    

                    
                

Höchst erfreulich ist das Interesse für die Teilnahme an den drei Alpsennenkursen und an den beiden Milchverarbeitungskursen, die von der Kantonalen Bauernschule Uri in Seedorf angeboten werden. Nicht nur aus den Urkantonen, aus der Zentralschweiz und vielen anderen Kantonen rekrutieren sich die Teilnehmerscharen. Auch aus dem Allgäu, vom südbadischen Raum und aus dem östlichen Nachbarland strömen sie herbei. «Sie sind eine echte Bereicherung des Kurses, die Leute, die aus andern Gebieten und Verhältnissen kommen», bestätigt Kursleiter Albert Häberli und sinniert weiter: «Die Bergbevölkerung ist an keine Grenzen gebunden. Weltweit stellen sich dieselben oder ähnliche Probleme.»

Qualität durch Wissen

Frauen und Männer sind es, die ihr Wissen aktualisieren oder neu in die Geheimnisse des Käsens eingeweiht werden wollen. Dann sind es die vielen Vorschriften und Auflagen, die es einzuhalten gilt. Begründung und Motivation für den Kurs sind ganz unterschiedlich. Im Vordergrund steht das Qualitätsprinzip und die Umsetzung des Kursstoffes in der eigenen Alpkäserei. Einzelne holen sich am Kurs Kenntnisse und Rüstzeug aus alternativen Überlegungen, als Ausgleich zum angestammten Beruf oder gar zur Vermittlung des Gelernten auf anderen Kontinenten, wo Nischenprodukte und Direktvermarktung erst im Aufbau begriffen sind. Hilfe zur Selbsthilfe ist somit auch eine Botschaft der Seedorfer Alpsennenkurse. Hinzu kommt, dass sich Milchproduzenten in Berggebieten mit geringem Milchkontingent fragen müssen, ob ihre Milch künftig einen Abnehmer finden wird und zu welchem Preis sie geliefert werden kann. Nicht nur als Alternative bietet sich die Produktion von Spezialitäten an Ort an.

Rühren und filmen

«Was man schwarz auf weiss besitzt, kann man getrost nach Hause tragen», so ein geflügeltes Wort, abgestimmt auf Lernende. Heute kommen Farbbilder und Filmaufnahmen hinzu. Audio-visuell wird nicht nur unterrichtet, sondern auch gelernt. Mehrere Kameras der Kursteilnehmenden waren auf die Abläufe der Käsezubereitung gerichtet. Deren Live-Einsatz ermöglicht es, vom Kurs zusätzlich eigene Unterlagen in Farbe, Wort und Bild zu erstellen.

Anderthalb Kilo Papier

Als offizielle Kursunterlage wird das Handbuch für Sömmerungsbetriebe abgegeben. Schätzungsweise wiegt das Dossier gut anderthalb Kilo – und trotzdem nicht zu viel. Schliesslich geht es um die gesetzliche Auflage der Qualitätssicherung bei der gewerblichen Milchverarbeitung. Die entsprechende Verordnung gilt auch für milchverarbeitende Sömmerungsbetriebe. Die Checkliste für diese Betriebe umfasst nicht weniger als sechs Seiten im Format A4 und betrifft die Betriebsbeurteilung (Räume, Ausrüstung und Arbeitsgeräte, Reinigung und Entkeimung, Hilfs-, Zusatz- und Betriebsstoffe sowie Kennzeichnung, Kühlung und Transport von Milchprodukten). Die Qualitätssicherung bezieht sich auf Personal, Milch und Wasser sowie die Überwachung der Produktionsprozesse. Hinzu kommen, nebst Angaben über Besonderheiten und Thermisation bei lokalen Hart- und Halbhartkäsesorten, eine Fülle von Merkblättern und Vorlagen für die Fabrikationskontrollblätter.

Trendiger Alpkäse

Der Kurs vermittelt Wissen und Erfahrungen. Gefragt sind Produkte, die vom Konsumenten bevorzugt werden – gesunde, natürliche und qualitativ hochwertige Erzeugnisse. Alpkäse ist ein Naturprodukt aus frischer, gehaltvoller Rohmilch. «Ein gesundes Produkt und eine gute Produktequalität setzen Fachwissen, Hygiene und eine genaue, exakte, saubere Arbeitsweise voraus, dazu gutes Beobachten, ein feines Gespür und Freude», so Albert Häberli. Und weiter: «Man muss sich den Zeitumständen entsprechend anpassen, die Trends nutzen. Gefragt sind kleine Käsli, Schaf- und Ziegenkäse, Kräuterkäse und Frischkäse. Wir müssen auf die Konsumentenwünsche eingehen, sie ernst nehmen, innovativ sein und den Mut haben, Neues anzupacken.»

Stimmen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Kurs

Hermann Sickler, Unterägeri:
Obschon ich beruflich als EDV-Spezialist tätig bin, interessiert mich die Land- und Alpwirtschaft sehr. Unterägeri ist eine Gemeinde mit stark bäuerlichem Einschlag. Viele meiner Kollegen und Bekannten sind Landwirte. Der Kurs bietet mir eine willkommene Abwechslung und viele Informationen. Das weitreichende Kursangebot verschafft mir Verständnis für einige wichtige Bereiche des bäuerlichen Lebens. Meine Kurserwartungen haben sich erfüllt.


Hanspeter Jenny, Winterthur:
Als Lastwagenmechaniker habe ich mich vor allem mit toter Materie zu befassen. Motiviert für den Kurs hat mich das Lebensmittel Käse deshalb, weil es etwas Anspruchsvolles ist und man deshalb genau arbeiten muss. Geht beim Käsen etwas fehl, kann man dies nicht mehr flicken. Ich backe selber Brot und Zöpfe. Werden diese überhitzt, ist die Arbeit umsonst. Befasst man sich mit etwas Anderem, wächst alsdann die Freude am Angestammten.


Hans Gmür, Benken:
Ich bin beruflicher Allrounder, gelegentlicher Koch, Buchhalter und Landwirt. Letzten Sommer war ich auf der Alp Hinterfeld im Maiental tätig. Hintergrundinformationen sind mir wichtig bei Käsen. Dies beginnt bei der Tiergesundheit. Bei Freunden in den USA will ich das Wissen einsetzen: helfen, einrichten, beraten. Es geht dort um Direktvermarktung, Agro-Tourismus und diverse Managementseminare. Ich war als Student auf dieser Farm.


Josef Brun, Finsterwald:
Bereits bin ich 40 Sommer auf der Eigenalp Erigsmoos auf Bramboden und käse seit 1987 selber. Man kann immer wieder dazu lernen. Schulkindern, Touristen und den Gästen vom Hotel Bramboden bietet unsere «Schauchäsi» Abwechslung und Information. Ausserdem ist dies Werbung für die Direktvermarktung. Mit dem Angebot an Raclette- und Alpkäse liegen wir richtig. Unsere Familie ist mit der Alpwirtschaft vertraut und verbunden.


Martin Furrer, Schattdorf:
Auf unserer Alp Waldnacht wird seit Generationen gekäst. Der Alpsennenkurs bietet eine Auffrischung des fachlichen Stoffes, wie er damals an der Fachschule vermittelt wurde. Ich besuche den Kurs gemeinsam mit meiner Frau. Somit profitieren wir beide vom sehr weitreichenden thematischen Angebot. Bessere Qualität bedeutet bessere Chancen im Verkauf. Der Zusammenschluss in der Genossenschaft Urner Alpkäseproduzenten wirkt sich vorteilhaft aus.



Josef Niederberger [geb. 1938] entstammt einem Nidwaldner Bauernbetrieb mit Land- und Alpwirtschaft. Er war Landwirtschaftssekretär des Kantons Nidwalden (1963-2000) und Vorstandsmitglied (Kassier) des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbandes SAV (1975-1994). Als CVP-Politiker gehörte er dem Landrat Nidwalden an, bis er ins Obergericht Nidwalden wechselte.
Dieser Text folgt zwei Artikeln, die in der Ausgabe vom Samstag, dem 1. März 2003 des «Schweizer Bauer» publiziert wurden. www.schweizerbauer.ch