Letzten Juni wurde das Video «Worauf muss ich achten, wenn ich einen Hütehund für die Schafalp suche?» veröffentlicht, siehe auch zalpletter im Juni 2023. Titel und Video halten, was sie versprechen. Doch es bleiben offene Fragen. Wie kommt man zu einem Leihhund? Was sind die Kosten dafür? Und was, wenn’s zwischen dir und dem Leihhund nicht klappt? In Hinblick auf die anstehende Alpsaison haben wir versucht, diese und andere Fragen rund ums Thema Leihhund zu beantworten.
Vorausgeschickt:
Ein Hütehund ist ein wertvoller Mitarbeiter und meist auch ein emotionaler Begleiter. Aufzucht, Ausbildung und Haltung nehmen viel Zeit und Fürsorge in Anspruch. Wer einen Leihhund sucht, muss sich der Verantwortung bewusst sein, die er dem Hund und dessen Besitzerin, dessen Besitzer gegenüber trägt. Klar, etwas kann immer schief gehen und auch in der besten Beziehung läuft nicht immer alles rund. Aber grundsätzlich sollte gelten: Hund und Mensch arbeiten harmonisch zusammen, sie bringen sich nicht gegenseitig in Gefahr und der Mensch teilt für den Hund dessen Kräfte nachhaltig ein.
Nun zu den Fragen.
Wie kommt man zu einem Leihhund?
Die Suche nach einem ausgebildeten Hund beginnt idealerweise bereits im Herbst, denn gut ausgebildete Leihhunde zu finden, ist nicht einfach. Gibt es im Freundes- und Bekanntenkreis jemanden mit einem ausgebildeten Hund, der nächstes Jahr vielleicht nicht auf die Alp geht? Auch Inserate im Web oder in landwirtschaftlichen Zeitungen können zum Erfolg führen. Oder man wendet sich an die Ausbildungsvereine für Hütehunde der unterschiedlichen Länder. In der Schweiz wäre dies z.B. die Swiss Sheep Dog Society (SSDS), in Deutschland die Arbeitsgemeinschaft Border Collie Deutschland (ABCD) oder die Arbeitsgemeinschaft zur Zucht altdeutscher Schäferhunde (AAH) und in Österreich die Austrian Sheep Dog Society (ASDS).
Auf was sollte man beim Ausleihen neben den Fähigkeiten des Hundes achten?
Im Video «Worauf muss ich achten, wenn ich einen Hütehund für die Schafalp suche?» wird gezeigt, was für Fähigkeiten ein Arbeitshund für die Alp mitbringen sollte. Aber Arbeit ist natürlich nicht alles.
Schön wäre, wenn ein Hund auch noch Folgendes mitbringt:
Er sollte nicht überängstlich oder aggressiv sein
Er sollte mehrere Stunden alleine sein können, ohne ständiges Bellen und Winseln und ohne die Hütteneinrichtung zu zerstören.
Er sollte von Anfang an genügend Kondition für die Arbeit auf der Alp mitbringen.
Er sollte auch Mal kurz unbeaufsichtigt an der Leine angehängt werden können.
Er sollte mit Artgenossen zurechtkommen.
Er sollte das Autofahren kennen.
Er sollte mit deinem Besuch zurechtkommen.
Schön wäre, wenn er auch ein wenig im Haushalt mithelfen würde.
Du merkst schon. Das alles wäre schön. Wer aber einen solchen Leihhund sucht, wird bald merken: Die Eierlegendewollmilchsau gibt es nicht und schon gar nicht zum Ausleihen. Ob es zwischen dir und einem Hund für den Sommer passen könnte, hat letztlich viel mit Bauchgefühl zu tun. Auch menschliche Teampartner für die Alp zu wählen ist schwierig. Warum sollte es bei Hunden anders sein?
Wie hoch sind die Kosten für einen Leihhund?
Ein Hund mit Eignungsprüfung (EP) der SSDS hat sich zwischen CHF 10.– und CHF 12.– pro Tag verdient. Hat der Hund keine EP lasst euch die Übungen aus dem Video «Worauf muss ich achten, wenn ich einen Hütehund für die Schafalp suche?» zeigen und wiegt selbst ab, was ihr bereit seid zu zahlen. Will man als Hirt*in seine Arbeit gut machen, sind zwei Hütehunde meist unabdingbar. Nicht für den gleichzeitigen Einsatz. Aber um im Fall eines verletzten Hundes weiterhin arbeiten zu können.
Gute Alpmeister werden sich dafür einsetzen, dass die Kosten für die beiden Arbeitshunde und die Ausgaben für Hundefutter von der Alp übernommen werden. Hin und wieder muss man aber die ein oder andere Alpmeisterin auch wieder daran erinnern, dass die Arbeit am Berg ohne ausgebildete Hunde nicht machbar ist und die Kosten für die Ausbildung und Haltung hoch sind.
Braucht es einen Vertrag?
Es empfiehlt sich, einen Vertrag abzuschliessen. Eine Word-Vorlage dafür findest du hier: Mietvertrag_Arbeitshund. Einfach die gelb markierten Stellen ausfüllen, im Doppel ausdrucken und gemeinsam unterschreiben. Wenn man sich unsicher über den Wert eines Hundes ist, können einem die Vereine zur Ausbildung von Hütehunden weiterhelfen.
Was tun, wenn es zwischen dir und dem Leihhund nicht klappt?
Bevor ein Hund für dich arbeiten kann, muss und will er dich kennen lernen. Manchen Hunden reicht ein Augenblick. Sie merken, dass es zusammen mit dir Aussicht auf Hütearbeit gibt und Frauchen und Herrchen nicht in der Nähe sind. Schon sind sie bereit, für dich zu arbeiten. Andere Hunde brauchen mehr Gewöhnungszeit.
Hast du Zweifel an der Bindung des Hundes zu dir, dann führe ihn anfangs an der Leine. Zugegeben, das sieht nicht besonders cool aus. Plötzlich ohne Hund dazustehen, sieht aber auch nicht gut aus. Sieh den Hund in den ersten Tagen einfach als Begleithund auf der Weide. Gib ihm abends sein Fressen und iss du neben ihm am Tisch. «Bonding moments» ist das Schlüsselwort. Je stärker die Bindung zwischen dem Hund und dir wird, umso besser werdet ihr zusammenarbeiten – das braucht Zeit.
Häufig wird die Sensibilität der Hunde auf Aussprache und Tonlagen unterschätzt. Du hast das Gefühl der Hund versteht dich nicht? Vermutlich hast du recht. Dann musst du etwas rumprobieren. Versteht er dich besser, wenn du Worte oder Pfiffe anders betonst? Oder schreist du unnötig laut?
All den oben genannten Schwierigkeiten kann man vorbeugen, in dem man sich bereits im Winter mit dem Leihhund beschäftigt. Das wäre schön.
Habt Hund und du euch nach einigen Wochen kennen gelernt, aber mit der Zusammenarbeit klappt es dennoch nicht? Dann sei nicht böse auf den Hund. Sei böse auf dich selbst. Warum hast du dir im Winter nicht mehr Zeit für den Hund genommen? Zwing den Hund nicht unnötig lange mit dir auf der Alp zu sein. Gib ihn zurück an seine Besitzer. Notgedrungen musst du nach spontanem Ersatz suchen und hoffen, dass es dann besser klappt.
Wir wünschen allen Hirtinnen und Hirten und Hunden und Hündinnen eine gute Zeit auf der Alp.
Für Fragen oder Anmerkungen: andrea.sulig@agridea.ch