Sömmerungsbeiträge für Alpleute?

Schickt man Kühe, Rinder, Ziegen, Schafe, Pferde auf die Alp, zahlt der Bund den BewirtschafterInnen oder den Gemeinden der Alp zwischen 80 und 90 Millionen Franken Sömmerungsbeiträge. Die angestellten Alpleute profitieren nicht direkt davon. Mit einem Postulat wollte Fernand Cuche dies ändern.


                        
                            
                        
                            
                                
                            
                        
    


                        
                    

                    
                

Die Alpwirtschaft lebt von der Erfahrung

Gutes Alppersonal ist rar. Die Arbeit auf der Alp ist hart, der Lohn oft gering und die Aussicht auf einen optimalen Winterjob nicht gewährleistet. Erfahrene Leute bleiben vielfach in einer ganzjährigen Arbeitsstelle, kriegen Kinder und engagieren sich in längerfristigen Projekten. Daher braucht es für die Aufrechterhaltung eines Sömmerungsbetriebes immer wieder neues Personal, das oftmals mit falschen Vorstellungen des Alplebens und unausgebildet in die Berge zieht. Das Potenzial an Wissen über die Käseherstellung, Tierbetreuung und Weidepflege schwindet.

Fernand Cuche, Kleinbauer und neuenburgischer Nationalrat für die Grünen, sieht die Lösung bei einer Subventionierung des Alplohns und einer Berufsausbildung für Hirtschafts- und Sennereipersonals. Dazu hat er im Nationalrat ein Postulat „Bundesbeiträge und Berufsbildung für Sennen” eingereicht.


Postulat: Bundesbeiträge und Berufsbildung für Sennen

„Sömmerungsbeiträge werden für die Sömmerung Raufutter verzehrender Tiere, ohne Bisons und Hirsche, auf Sömmerungs-, Hirten- und Gemeinschaftsweidebetrieben ausgerichtet.” So steht es in der Sömmerungsbeitragsverordnung vom 29. März 2000. Die Profiteure sind – in etwas umständlichen Deutsch ausgedrückt – die:

„a. Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen von Sömmerungs—, Hirten- und Gemeinschaftsweidebetrieben mit zivilrechtlichem Wohnsitz beziehungsweise Sitz in der Schweiz;

b. Gemeinden und öffentlich-rechtliche Körperschaften, die einen Sömmerungs—, Hirten- oder Gemeinschaftsweidebetrieb auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschaften.”

Fernand Cuche wollte hier einen Zusatz in die Verordnung einbauen:

„c. (neu) Hirten und Hirtinnen, die während der ganzen Sömmerungszeit eingesetzt werden und auf den Sömmerungs- oder Hirtenbetrieben wohnen.”


Zu kleines Wählerpotenzial

Am 4. Juni 2003 hat der Nationalrat mit 55 zu 32 Stimmen das Postulat abgelehnt. Das Alpwirtschaftspersonal ist ein zu kleines Wählerpotenzial um Geld dafür auszugeben, schliesslich muss man sparen. Auch der Bundesrat hat hier keinen Bedarf für Ausgaben gesehen: „Aus heutiger Sicht kann die flächendeckende Bewirtschaftung des Sömmerungsgebietes als sichergestellt betrachtet werden. Der Bundesrat ortet daher für die nächsten Jahre grundsätzlich keinen Handlungsbedarf. (...) Eine Erweiterung der Beitragsberechtigung auf die Angestellten bzw. Sennen und Hirten eines Betriebes erachtet der Bundesrat weder für zweckmässig noch angezeigt. (...) Der Einbezug der Angestellten als Beitragsempfänger und die damit verbundenen Abgrenzungsprobleme würden, falls der Bewirtschafter selbst als Senn oder Hirt tätig wäre, insbesondere bei den kantonalen Vollzugsbehörden zu einem erheblichen administrativen Mehraufwand führen. (...)
Fragen betreffend anerkannter Berufsgattung sowie Aus- oder Weiterbildung der Hirten können nicht über eine Änderung der Sömmerungsbeitragsverordnung geregelt werden. Dazu wäre eine entsprechende Aufnahme in die Berufsbildungsgesetzgebung notwendig. Wie bei den übrigen Direktzahlungen lehnt es der Bundesrat ab, insbesondere mit Rücksicht auf die Nebenerwerbslandwirtschaft, die Beitragsberechtigung auf Personen mit einem bestimmten Ausbildungsdiplom einzuschränken."

Einen Lohn erhalten oder erhalten werden?

Die Alpwirtschaft ist das Schlusslicht der Landwirtschaftspolitik. Alle finden es zwar toll, dass wir tonnenweise guten Alpkäse herstellen, der Bergwelt ein lebendiges Gesicht geben: Mit glockenbimmbelnden Rindern durch artenreiche Alpwiesen streifen, mit Schafen an steilen Berghängen kleben, per geschwollenen Händen schäumende Ziegenmilch in den Melkeimer jagen und in niedlichen Alphütten kurze Nächte verbringen. Wir machen das, was viele Bergwanderer in ihrem Leben vermissen, pflegen das Urtümliche, das anderswo in der Schweiz kaum mehr möglich ist. Unter einfachen Bedingungen, mit Engagement und vor einer Kulisse, die auf Hochglanz aus Alpinisten-Illustrierten lockt, oder fotofilterdramatisiert von Plakatwänden für Touristen wirbt.
Damit die Futtergrundlage der Bergbauern gesichert ist, und die Berge nicht in einsamer Öde durch den Sommer müssen, braucht es uns. Das ist wahrlich die klare und schlichte Grundlage Subventionen zu erhalten. Trotzdem ist es mir persönlich lieber, meinen Lohn nicht vom Staat zu bekommen, sondern von den Bauern, mit denen ich zu tun habe. In einem Lohn drückt sich das Wertgefühl aus, eine wichtige Arbeit gut gemacht zu haben, in einer Subvention der Umstand, nicht wirklich gebraucht zu werden, sondern vorläufig nur noch erhalten.