Von Stellensuchenden, Arbeitsverträgen und Davongelaufenen

Wenn du auf die Alp willst, brauchst du eine Stelle. Hast du deine Traumalp gefunden, unterschreibst du beim Alpmeister den Vertrag, organisierst dich zu einem Team und stehst schon bald mit den Tieren da oben, wo die Luft zum einsaugen schön ist. Aber bald gibt es Streitereien im Team, Zoff mit dem Alpmeister und die Arbeit bringt dich ans Ende deiner Kräfte. Du willst nur noch eines: weg von hier!


                        
                            
                        
                            
                                
                            
                        
    


                        
                    

                    
                

Zuerst musst du wissen, auf was für eine Art von Alp (Kuh- Jungvieh- Schaf- Geissalp, allein oder im Team) du gehen willst. Spätestens im Januar musst du dich auf die Alpsuche machen. Dann herrscht Hochkonjunktur auf dem Stellenmarkt. Viele Alpen werden unter der Hand, nicht weniger über spezielle Alpvermittlungsstellen gehandelt oder in Zeitungen ausgeschrieben. Das grösste Stellenangebot findest du im Internet auf der Stellenbörse der www.zalp.ch. Im Jahr 2004 inserierten dort 400 Alpen und 1000 potentielle ÄlplerInnen. Für die von Computern verschonten Menschen bietet die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) Stellen- und Personallisten in brieflicher Form an, die wöchentlich aktualisiert und verschickt werden. Im Frühjahr 2004 meldeten sich 133 Alpanbieter und 172 Stellenbewerber. Altbewährt ist das Inserieren in den lokalen landwirtschaftlichen Zeitschriften. Wer weiss, wo er hin will, abonniert am besten für ein paar Wochen die entsprechende Zeitschrift der Region (Adressen der Fachpresse in: zalp.ch / das erste Mal / Stellen). Etwas Besonderes sind die „lebendigen“ Stellenbörsen an den jährlichen Älplertreffen in Chur (jeweils Mitte Januar) oder in Deutschland in Witzenhausen (jeweils Ende Januar). Dort werden nicht nur Alpen und ÄlplerInnen gehandelt, sondern auch Fachwissen rund um die Alpwirtschaft ausgetauscht.
Wie viele Alpstellen es in der Schweiz gibt, ist niemandem bekannt. Die Statistik zählt aktuell 7493 Alpen, was schätzungsweise 20'000 potentielle Jobs ergibt. Da viele Bauern ihre Alpen selber bewirtschaften, werden bedeutend weniger Alpleute gesucht. Eines ist sicher, je mehr Älpler du kennst, und je mehr Erfahrung du mitbringst, desto grösser sind deine Chancen auf dem Markt.

Anstellungsgespräch

„Kauf nie die Katz im Sack und stell nie einen Älpler an, ohne ihn gesehen zu haben“, sagt der kluge Bauer. Hast du eine Alpstelle im Visier, zögere nicht, die lange Reise unter die Füsse zu nehmen, um den Alpmeister oder das Alpteam zu treffen. Und nimm beim Entscheiden für oder gegen die Alpstelle das gute bzw. ungute Gefühl im Bauch wichtiger als der objektive Sachverhalt.

Arbeitsvertrag - schriftlich hält am besten

Weil im Frühling abgemacht wird, was die Alpleute im Sommer zu tun haben und was sie im Herbst dafür bekommen, bleibt viel Zeit, manches Versprechen zu vergessen. Daher sollte ein Arbeitsvertrag immer schriftlich abgeschlossen werden, auch wenn der Handschlag ebenso gültig ist.
Rechtliche Grundlage für Anstellungen in der Alpwirtschaft bilden das Schweizerische Obligationenrecht und der kant. Normalarbeitsvertrag (NAV). Für das Anstellungsgespräch bestellt man bei der kantonalen landw. Fachstelle den NAV und für jede Person ein Arbeitsvertragsformular. Dies dient als Richtschnur im Anstellungsgespräch. Früher wurden bei ganzen Alpteams oft Gruppenverträge abgeschlossen, bewährt haben sich jedoch Einzelverträge.

Folgende Punkte werden im offiziellen Arbeitsvertrag NAV geregelt:

  • Dauer der Anstellung (Vor- und Nachbereitungszeit einrechnen)

  • Lohn (siehe zalp.ch / Aktuell / Heisse Suppen / Januar 2005)

  • Unterkunft und Verpflegung, Naturallohnbezüge (siehe zalp.ch / das erste Mal / Lohn)

  • Sozialleistungen / Versicherungen

  • Arbeitszeit / Ferien

zu folgenden Punkten ist es sinnvoll, Ergänzungen zu machen:

  • Aufgabenbereiche / Kompetenzen / Pflichten

  • Tierbetreuung

  • Milchverarbeitung

  • Weidenutzung und –pflege / Zäunen

  • Holzen

  • Eigene Tiere (Hirtenhunde, Saumpferd, Hirtkuh, Sömmerungstiere)

  • Regelung der Direktverkäufe von Alpprodukten und Touristenbetreuung

  • Besucher (evtl. Kurtaxen, Milchprodukte)

  • Vertragsabbruch / Kündigung

Arbeitszeit

Gemäss NAV sollen im ersten Alpmonat 14 Stunden, später nicht mehr als 11 Stunden pro Tag gearbeitet werden. Ferien- und Feiertage von eineinhalb Tagen pro Woche können normalerweise während der Alpzeit nicht eingezogen werden. In den Richtlöhnen ist die Entschädigung dafür bereits abgegolten.

Personenversicherungen:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet sein Personal folgendermassen zu versichern:

Krankenpflegeversicherung (gemäss Normalarbeitsvertrag NAV): Kosten zu Lasten des Arbeitnehmers, kommt vor allem bei Ausländern zum Tragen, da die Schweizer ohnehin krankenversichert sind. Eine Krankenversicherung im Ausland ist nicht gültig und sollte während des Aufenthaltes in der Schweiz sistiert werden.
Personen, die in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen leben und in der Schweiz steuerpflichtig sind, können bei der Gemeinde, in der sie Wohnsitz haben, ein Gesuch für Krankenkassen-Prämienverbilligung einreichen. Kein Anrecht auf diese Sozialhilfe haben quellensteuerpflichtige Personen ohne Jahresaufenthaltsbewilligung.

Krankentaggeld (gemäss NAV): von 80 % des AHV-pflichtigen Lohnes ab dem 31. Tag (Kosten je 50% zu Lasten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers)

Berufs- und Nichtberufsunfälle (gemäss Unfallversicherungsgesetz UVG): Kosten zu Lasten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers)

Berufliche Vorsorge (gemäss Bundesgesetz BVG): bei einer Beschäftigungsdauer von 3 Monaten und mehr und einem AHV-pflichtige Lohn von mehr als Fr. 1612.50 pro Monat.

Globalversicherung
Damit den Alpmeistern der administrative Aufwand für das Versicherungswesen nicht über den Kopf wächst, bieten die kantonalen Bauernverbände und die Vorsorgestiftung des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) eine Globalversicherung an. In dieser Lösung sind auch Aushilfen gegen Unfall mitversichert. Auch die obligatorische Krankenpflege-Grundversicherung kann dort angemeldet werden.

Wer haftet für welche Schäden?

Zerbeult ein Muni den roten Porsche eines Touristen, oder zertrampelt die Kuh den Feldstecher des Hirten, ohne dass jemandem Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, wird die Betriebshaftpflichtversicherung des Alpbetriebes oder des Tiereigentümers zur Kasse gebeten.

Landet ein Tourist nach dem Genuss von Weichkäse wegen Übelkeit im Spital, übernimmt die Produktehaftpflichtversicherung die Kosten, ausser der Senn hat vorschriftswidrig gekäst.

Verursacht der Älpler Schaden am Alpbetrieb (zum Beispiel verklemmtes Rührwerk oder am Boden zerschellter Pulsator) gehört das zum Betriebsrisiko, das die Alp selber zu tragen hat, ausser der Älpler hat grobfahrlässig gehandelt. Um solche Risiken abzudecken, kann der Alpbetrieb eine spezielle Sachversicherung abschliessen.

Wandert der Rinderhirt in seiner Freizeit auf den Berg, sein Hund pfeilt weg und treibt Schafe in den Abgrund, so kommt des Hirten Privathaftpflichtversicherung für den Schadenersatz auf. Allen ÄlplerInnen ist zu empfehlen, eine Privathaftpflichtversicherung abzuschliessen.

Zerstört Steinschlag, Lawine oder das Feuer die Alphütte, bezahlt die Gebäude- und Sachversicherung der Alp. Sie deckt jedoch nicht den Hausrat des Alppersonals, diese müssen Ihre Sachen selber versichern.

Die unentbehrlichen Ausländer

Was wären die Schweizer Alpen ohne Ausländer. Ohne sie könnten längst nicht alle Alpen bewirtschaftet werden. Schon früher war es in Gebieten mit grösseren Genossenschaftsalpen üblich, dass Hirten aus dem benachbarten Ausland das Vieh betreuten. So beispielsweise Bergamasker und Tiroler auf den Bündner Alpen. Heutzutage kommen viele ÄlplerInnen aus dem benachbarten Deutschland, aber auch aus Österreich, Frankreich, Holland, Argentinien und Australien.

Leute aus den EU/EFTA-Staaten brauchen für Alpstellen bis zu 3 Monaten weder Arbeits- noch Aufenthaltsbewilligung. Der Arbeitseinsatz muss lediglich dem kantonalen Arbeitsamt gemeldet werden (Anmeldung bei der Gemeinde, beim kant. Arbeitsamt oder online über www.auslaender.ch). Für längere Arbeitseinsätze (bis zu einem Jahr), benötigen sie eine Kurzaufenthaltsbewilligung (L). Die erhält man mittels Arbeitsgesuchsformular beim kantonalen Arbeitsamt. Es besteht weder Inländervorrang, noch Arbeitsvertrags- und Lohnkontrolle. Jedoch gilt, unabhängig von den Anstellungsprozenten, ein obligatorischer Minimallohn für Ausländer von Brutto Fr. 2915.– pro Monat (Stand 2005). Zu den EU- und EFTA-Staaten gehören: Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Irland, England, Niederland, Belgien, Luxemburg, Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland, Schweiz.

Leute aus denneuen EU-Ländern (Slowenien, Ungarn, Polen, Slowakei, Tschechei, Litauen, Estland, Lettland, Malta, Zypern) dürfen dank der Lockerung der Personenfreizügigkeit (Stand Herbst 2004), im Sommer 2005 zum ersten Mal auch in der Schweiz z’Alp. Sie brauchen in jedem Fall eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung für Kurzaufenthalter sowie ein Visum. Zudem gilt der Inländervorrang (Inserat und Meldung an die Regionale Arbeitsvermittlung RAV), sowie der Minimallohn in der Landwirtschaft von Fr. 2915.– (Stand 2005).

Für alle Staatsangehörige aus Nicht-EU-Ländern ist es schwierig bis unmöglich in der Schweiz legal zu arbeiten. Ausgenommen sind Praktikanten unter 30 Jahren. Für die gilt ein Bruttolohn von CHF 2330.– pro Monat. Die Arbeitsbedingungen entsprechen dem NAV. Vermittelt werden Praktikanten über AGRIMPULS in Brugg oder über kant. Bauernverbände.

Für alle Ausländer gilt, dass sie sich bei einer Krankenkasse in der Schweiz versichern und Quellensteuer (Einkommenssteuer für ausländische Arbeitnehmer) gemäss kantonalen Steuertarifen) bezahlen müssen.

Schwarzarbeit

Es gibt immer wieder Bauern, die ÄlplerInnen ohne Arbeitsbewilligung beschäftigen, sei es aus Bequemlichkeit oder um Lohnkosten und Versicherungsprämien einzusparen. Dieser Nutzen steht in keinem Verhältnis zur Gefahr, welche Schwarzarbeit mit sich bringt. Es droht eine saftige Busse, und Unfall oder Krankheit könnten ruinierende Kosten verursachen. Daher ist von Schwarzarbeit dringend abzuraten.

Wenn Alppersonal verschwindet

Eines Morgens steht der Senn plötzlich alleine auf der Alp. Der Hirt ist weg. Er habe die Alp verlassen, steht auf dem Abschiedsbrief. Streit und Überforderung führen oft dazu, dass Alppersonal wegläuft und ein grosses Chaos hinterlässt, einerseits wegen Arbeitskräftemangel auf der Alp, anderseits wegen Uneinigkeit über die Lohnauszahlung und sozialer Unverträglichkeit. Viel Ärgernis könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer erspart bleiben, wenn beim Vertragaufsetzen auch über Kündigung, Davonlaufen oder Rausschmiss geredet würde. Das Obligationenrecht (OR) regelt in Art. 337 folgendes:

  • Kündigung: Liegen wichtige Gründen vor, kann das Arbeitsverhältnis jederzeit fristlos vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer aufgelöst werden.

  • Davonlaufen: Läuft ein Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund fristlos weg oder tritt die Stelle erst gar nicht an, so kann der Arbeitgeber einen Viertel des Monatslohnes belangen. Ausserdem hat er Anspruch auf Ersatz allfällig entstandener Schäden.

  • Rausschmiss: Kündigt ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den Lohn für die vorerst vereinbarte Alpzeit.

  • Probezeit: Der NAV des Kantons Bern schreibt eine 14-tägige Probezeit vor, während der ein Arbeitsverhältnis innert 3 Tagen aufgelöst werden kann.

Auch wenn hier einiges klar geregelt ist, kann noch lange über die „wichtigen Gründe“ gestritten werden. Doch als erstes muss Arbeitsersatz her – woher?

Das Alpofon – der heisse Draht in der Not

Das Alpofon vermittelt vom Juni bis September kurzfristig Arbeitskräfte auf Alpen. Es ist eine Art Betriebshelfervermittlung während des Alpsommers, organisiert von der IG-Alp. Im Sommer 2004 konnten auf 70 Alpen, die notfallmässig Personal suchten, etwa 45 ÄlplerInnen vermittelt werden. Die TelefonistInnen geben nicht nur Adressen von Alpeinsatzfreudigen bekannt, sondern helfen auch bei irgendwelchen Fragen rund ums Alpen. Das Alpofon gehört daher auf die Liste der wichtigen Telefonnummern im Alpstübli.


Wichtige Adressen

Stellenvermittlung:

  • www.zalp.ch

  • Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), Seilerstrasse 4, 3001 Bern, Tel. 031 382 10 10, www.sab.ch

  • Alpofon Tel. 078 813 60 85, IG-Alp, Vorderdorfstr. 4, 8753 Mollis, www.ig-alp.org

Informationen zu Arbeitsverträge/Rechtswesen:

  • kant. Arbeitsämter

  • kant. Bauernsekretariate

Informationen zu Ausländerfragen:

  • AGRIMPULS, Laurstr. 10, 5200 Brugg, Tel. 056 461 78 44, Fax. 056 442 22 12, info@agrimpuls.ch

  • Bundesamt für Migration, Quellenweg 9/15, 3003 Bern-Wabern, Tel. 031 322 29 97 oder www.auslaender.ch

  • kantonale Fremdenpolizei

Informationen Versicherungen:

  • Vorsorgestiftung der Schweizerischen Landwirtschaft, Laurstrasse 10, 5200 Brugg, Tel. 056 462 51 33, www.vstl.ch