Musik

Mit guter Laune unterwegs

Max Lässer hat nicht nur den Schwyzerörgeliallrounder Markus Flückiger an seiner Seite, sondern einen ganzen Stall voller Spielkollegen. Da löffelt Töbi Tobler am Hackbrett mit und auch Anton Bruhin auf dem Trümpi (Maultrommel). Im Weiteren am Bass Arnulf Lindner, Walter Keiser an den Drums und Kaspar Rast an der Perkussion. Entstanden ist ein Volksmusikalbum, das nichts mit volksdümmlichem Schlager zu tun hat. Lässer und Flückiger schaben mit Gitarre und Örgeli an ihren Wurzeln. Der Fundus von Hanny Christen, die grösste Schweizer Sammlung für Volksmusik, lieferte genügend Material. Dazu gesellen sich witzige Eigenkompositionen. Wer eine Gute-Laune-CD benötigt, ist mit dieser gut bedient.

Max Lässer und Markus Flückiger:
Überland Duo +

 
www.maxlaesser.com

Von alter Musik

Wer bei Schweizer Volksmusik an Hudigäggeler denkt und sofort die Ohren verwirft, sollte eine kleine Reise mit Tritonus unternehmen. Die wird sich nicht an Landesgrenzen orientieren, sondern entlang Zeitsträngen bis vor 1800. Der musikalisch Reisende wird verwundert an lauschigen Plätzen inne halten, sich fragen, wie denn aus diesen leichten und doch erdigen Vorlagen der Bierbratwurstzeltgäggler entstanden ist. Tritonus tönt auf ihrer zweiten CD dank dem Saxofon von Reto Suhner auch mal neuzeitlicher. Das schmeichelt den weggeworfenen Ohren.

Tritonus:
Alpan

 
www.tritonus.ch

Blues und Blus’n

Mit dieser CD versucht Herbert Pixner mit seiner diatonischen Harmonika das Heimatabend- Image dieses Instruments beiseite zu legen, ohne dessen alpenländische Wurzeln zu vergessen. Obwohl sich das Herbert Pixner Projekt als Herbert Pixner Trio bereits als mitreissende Tanzmusik einen Namen gemacht hat, scheuen die Drei auch nicht davor, in die Crossover Szene einzutauchen um neue Rhythmen und Klänge mit traditionellen Volksmusikinstrumenten zu verbinden.

Herbert Pixner Project:
Blus'n auf!

 
www.herbert-pixner.com/shop/

Voller Blut

Aus Bern und Schaffhausen, vom Tal und ab den Alpen, von der Strasse von ennet der Grenze spielen Alfiresli stromlose Lieder, die einem doch zum zittern bringen. Auf Schweizerdeutsch, Deutsch, Französisch, Rumänisch, Kauderwelsch, Italienisch und ganz ohne Englisch, mit Geige, Handorgel, Gitarre, Kontrabass, Mandoline, Löffeln, Melodica und vielen Stimmen. Manchmal schräg, manchmal lüpfig, manchmal bissig, manchmal traurig, immer voller Blut.

Alfiresli:
Lieder vom Wegrand

 
www.alfiresli.ch

Rasant bis sehnsuchtsvoll

Neue, frei erfundene Volksmusik von Alfiresli, frisch und unbezähmbar, strubblig und schräg bis melodiströs. Auch das frei Erfundene lässt die Muskeln in bekannten Takten zuckeln, die Melodien nehmen einem mit in geläufigen Volksharmonien. Die meisten Stüggli sind mitklatsch- und tanzbar. Alfiresli sind lebensecht und direkt vor Aug und Ohr ein sicherer Wert für einen lüpfig heimeligen Anlass, ihr mittlerweile ausuferndes Repertoire spielt von rasant bis sehnsuchtsvoll, bewegts sich beiseits und jenseits von Folklore. Etwas Sprachgewandtheit beim Zuhörer ist von Vorteil, die Lieder sind oft witzig in Ton, Takt und Text.

Alfiresli:
Wünschellieder

 
www.alfiresli.ch

Entstaubt

Feg weg den Staub. Seit 2002 hat die Schweiz eine 10000 Stücke umfassende Volksmusik-Enzyklopädie. Der Baslerin Hanny Christen (1899-1976) ist es zu verdanken, dass viele Stücke aus dem 19. Jht vor dem Vergessen bewahrt wurden. Die HujGroup, fünf Musiker aus drei Formationen und vier Gastmusiker haben sich an das kulturelle Erbe gewagt. So wurde der verstaubten Melodien-Sammlung wieder Leben eingehaucht. Die hervorragenden Musiker setzen das ganze so gekonnt um, dass es einem im Tanzbein zwickt.

HujGroup:
Nöis Alts

 
www.musiques-suisses.ch

Alte Schinken neu geschnitten.

Altes Liedgut neu aufgemacht ist im Trend. So auch bei eCHo, einer hochkarätigedelsteinigen und losen Formation um Dide Marfurt und Thomi Erb, manchen als Doppelbock bekannt. Am Gesang Corin Curschellas, Christine Lauterburg und Walter Lietha, da kann für Heimatbegeisterte (und Gestriggebliebene wie mich) fast nichts mehr schief gehen. Es wird mit Lust gespielt, aber am schönsten sind die wehmütigen Lieder, deren Text mehr hergibt, als man damals beim schulmeisterlichen Gesangsunterricht meinte.

Kult Ur

Zum Film die Musik mit Rees Gwerder, Mosibuebä, Buofle-Wisi, Jakob Alder, Jakob Düsel, Sity-Domini u.a. Der Kult-Film über lauterzeugende Inner- und Ostschweizer, die gegen die Ruhe auf den Alpen und später gegen die Melkmaschine anzusingen versuchen. Die Löckler und Juchzer, aber auch die instrumentale Musik zeigen unverbrauchte Volksmusik, wie sie bei Sepp Trütsch oder Wisel Gyr selig nicht mehr vorkommen. Ob dies wirklich der Blues der Schweiz ist, mag ich bezweifeln, dafür kommt eine Eigenständigkeit zum Ausdruck, die rauh um die Ohren streicht. Dass diese Musik das Volk allzuoft in einer Engstirnigkeit versammelt, die sie nicht nötig hätte, ist schade.

Cyrill Schläpfer:
Ur-Musig

 
www.swisskulthits.ch

Weltjodel

Volksmusig im Stil der Innerschweiz macht es vor – sie ist nicht mit einem Ort, sondern mit einer Zeit verbunden. Sie ist nicht auf dem Rütli, sondern im Zürcher Niederdorf erfunden worden. Das lernen wir, wenn wir «Youchz now» hören, die CD der Gruppe «Sooon», wo Sonja Morgenegg jodelt, John Wolf Brennan Klavier und anderes spielt und Tony Majdalani unterschiedliche Trommeln. Das Trio führt vor, wie juuzen, jodeln und holeien eine Welt- und Kunstsprache ist. Sie wird heute nicht im «Löwensäli» allein in Hochform gebracht, sondern mit hochgerüsteter Technik im Tonstudio fabriziert. Sie kommt nicht aus der Laune und von der Scholle, sondern erfordert hohes technisches Können und breite musikalische Bildung. Das Trio «Sooon» reist mit uns über mongolische Steppen, in französische oder irische Einsamkeiten, in arabische Tanzlokale und am Schluss ins Thurgau, das heiter und virtuos mit dem Johlen versorgt wird. Flott, wie Sonja Morgenegg dieses Singen einthurgauert, und wir können uns gut vorstellen, wie sie sich für den melancholischen «Sunneufgang Juuchz» vom Säntis her von einem Zäuerli der vereinigten Appenzeller Morgensänger hat anregen lassen. Kurz – die Musik von Sooon ist vergnüglich und reich, aber es ist strenge Zuhörmusik; wer nebenbei melkt, käst und die Kühe für die Vehschau striegelt, ist schon verloren. Köbi Gantenbein

Sooon:
Youchz now


Narrenschiff 2019
www.narrenschiff.ch

Die Leinwand aufspannen

Beim ersten Ohr voll quoll mir die Leinwand von Cinématique etwas über, zu viele Einfälle, Pointen, Rückblenden, zu häufiger Genrewechsel, zu facettenreich, zu sehr Geniestreich – dieser Story vermochte ich nicht zu folgen. Kein Wunder, beziehen sich doch die Musikkompositionen auf Regisseure wie Tarkowski, Fellini, Godard, nicht auf mir bekannte Bergfilme von Schnyder, Comencini und Murer. (Ich nehme an, alle wissen, wovon ich schreibe, Nostalghia statt Heidi.) Jetzt ist es so, dass ich zum Sonntagsbratenkochen gerne den Algorithmus shuffeln lasse. Welcher, aus was für Gründen auch immer, Cinématique bevorzugt durch die Boxen jagte. Oha, das klingt interessant, wer schmettert mir da den Berg in die Küche, kollert mir Steine in den Topf, säuselt mit dem Abendwind? Aha, Pago Libre, eingespieltes Team seit 30 Jahren. Und beim zweiten Ohr beginne ich zu begreifen, was das Alphorn stampft und lyrt, das Alperidoo gurrt (Arkady Shilkloper), die Geige schwirrt (Tscho Theissing), die Bässe bossen (Daniele Patumi und Georg Breinschmid) und das Klavier von John Wolf Brennan alles umgarnt, anspornt, ihm vorauseilt. Ich bin gespannt auf Ohr Nummer drei. gh

Pago Libre:
Cinématique 2.0


Leo Records 2019
www.leorecords.com

Singende Berggeistin

Wenn fremde Ohren mithören, kommt immer irgendwann die Frage: Welche Sprache wird denn da gesungen? Woher kommt das? Georgien? Texas? Israel? Alles gemischt? Wenn beim zweiten Tune die Stimme von Bettina Klöti plötzlich den Raum füllt, intelligent begleitet von fein arrangierten Instrumenten, staunt man weiter. Die Stimme ist frech, stark, manchmal überwältigend und erschaudernd. Lässt man sich von der Musik tragen, begibt man sich auf eine Reise durch bekannte und noch zu erfahrende Gefühle.

Bettina Klöti und Vera Kappeler interpretieren, verändern, mischen, spielen traditionelle Schweizer Liedmusik, eigene Kompositionen ergänzen den Bergerausch. Schweizer Volksmusik, schmackhaft, ergreifend und immer wieder überraschend tänzerisch – die Stimme einer Berggeistin, begleitet von Klavier, Harmonium, Toy-Piano, Banjo, Yamaha-Örgeli und Reisealphorn. mw

Bergerausch:
Nie ghört – Lieder aus der Schweiz


Narrenschiff 2018
www.narrenschiff.ch

Über die Heimat hinaus

Am Anfang bin ich mir nicht ganz sicher, ob beim ersten Lied tatsächlich die Ziege singt, deren Treichel man im Hintergrund hört. Nur wenig später, als der Jodel eine Oktave abtaucht, klärt sich die Frage. Und ich staune, welchen Umfang die Stimme der Sängerin Isa Wiss abdeckt. Improvisationen und heimatliche Lieder singt sie mit eigentümlicher Wucht und Fülle, ihr Jazzgroove findet sich ausgezeichnet mit dem Saxophon von Albin Brun und dem flinken Akkordeon von Patricia Dräger. Den Kontrabass dazu macht Claudio Strebel. Während das heimatliche Motiv Bergsehnsucht weckt, öffnen die experimentellen Songs den Blick dafür, dass es da noch viel, viel mehr gibt. ln

Albin Brun Trio & Isa Wiss:
Lied.Schatten


Narrenschiff 2018
www.albinbrun.ch

Aus dem Hut zaubern

Manchmal sucht man nach dem einen Wort. Für die Musik von «got hard» müsste es ein grosses Wort sein, ein umfassendes, weitumspannendes, sowas wie kolossuniversovation, aber das klingt zu einseitig nach Muskeln, Weltall und einem Ei. Wobei das ei zumindest als Ingredienzien taugt: eingängig bis frei, heimisch bis heiter, mitreissend bis leidenschaftlich. Die Kompositionen von Megasassa John Wolf Brennan klingen wie frisch gerupftes Gras im Kauwinkel einer blöckenden Kuh, die auf dem Klauenstand Pirouetten dreht und einen Fladen wirft. Das liegt einerseits an den «old friends» Arkady Shilkloper, Christian Zehnder, Christy Doran, Patrice Héral und dem «Alpentöne Blasorchester», anderseits am hörbar freudig überrumpelten Publikum auf der Live-CD. «Got hard» ist aus dem Hut gezaubert intelligente und herzerstaunende Musik: Wild, lyrisch, groovy, orchestral. So tönt der Berg, wenn er tanzt. gh

pago libre & friends:
got hard


Leo Records 2018
www.leorecords.com
www.brennan.ch

Verbundenheit, die zündelt

Über eine halbe Stunde feinste Ohrenunterhaltung bietet das erste Duoalbum von Patricia Draeger und Albin Brun. Die zwei spielen seit Jahren in allen Sparten von Berg- und Weltmusik zusammen, ihre sorgsam eingesetzten Instrumente kräuseln virtuos um hüpfende und wehmütige Melodien. Dynamisches und feinfühliges Örgeli, präzises Sopransax und eine ordentliche Portion Passion schaffen in eingehenden Motiven zugleich fremde und vertraute Klänge. Der «Simelibärg-Tango» pimpt den vielgehörten Klassiker erfolgreich mit lateinamerikanischem Feuer, und auch die neun anderen Stücke entzücken durch Abwechslung und geniales musikalisches Können. Musig, wo chutzelet und chräbbälät. ln

Albin Brun & Patricia Draeger:
Glisch d’Atun

Narrenschiff 2016117, 2016
www.albinbrun.ch
www.patriciadraeger.ch

Hörnern

Wann eigentlich hört man Alphornmusik ab CD aus Boxen oder Kopfhörer? Alphörner gehören doch nach draussen in die Landschaft, ins Gebirge. Oder wenn schon drinnen, dann in weiträumige Hallen, Kirchen, Katakomben. Die Antwort ist kürzer als das Horn: Wenn keiner bläst. Aber wenn schon Alphorn ab CD, dann laut, mit teurem Kopfhörer oder bester Musikanlage, so laut, dass das Horn beim linken Ohr rein, beim rechten Ohr raus und umgekehrt durch den Kopf schallt. Das Quartett Alphorn Experience hat Schmetterboxen verdient. Drei Jahre schon hörnern die vier Mannen von Matten und Bühnen, entstauben respektvoll traditionelle Stückli, funken verteufelt virtuos mit jazzigen Tönen, wagen sich mit dem Alperidoo unerschrocken an neue Spieltechniken. Okay, Ähnliches machen andere Musiker auch, das Ausloten von Volksmusik und ihren Instrumenten zwecks Erweiterung der Hörgewohnheiten beim Eintritt in den Schallraum von Tradition und Moderne ist beliebt geworden. Trotzdem ist es schön. gh

Alphorn Experience:
Mikado


Alphorn Experience, Köniz 2016
www.alphornexperience.ch

Disco mit Örgeli

Sollten sich das Schwyzerörgeli und sein Gefolge vorgenommen haben, in Zukunft Teil der Tanzclubszene zu werden, so befinden sie sich mit «eigernordklang» vom Alpin Project auf dem besten Weg dazu. Zu bounzigen Beats von Dj Flink besingt Barbara Berger den Herrgott der

Alpen, bläst Balthasar Streiff seine Hörner. Hackbrettklänge von Christoph Pfändler und Thomas Aeschbachers sorgfältiges Schwyzerörgelispiel verleihen der Musik überdies bodenständige Eleganz. Die Fusion von Instrumenten, Tradition und Moderne präsentiert sich in bemerkenswerter Selbstverständlichkeit und fängt damit die Zeichen der Zeit genauso wie die Herzen junger heimatliebender, aber weltoffener ÄlplerInnen. ln

Alpin Projekt:
eigernordklang


Zytglogge Verlag, Basel 2015
CD ZYT 4971
www.alpinproject.ch

Hörner, Tasten, Stimmbänder

Was für Laien erst einmal klingt, als wäre Christian Zehnder gerade barfuss in einen Nagel getreten, ist in Wahrheit die hohe Kunst des Jodelns und des Obertonsingens, ausgeübt von einem grossen Meister derselben. Zehnder macht vor, was Stimme ohne Worte sagen kann, und vermengt diese zusammen mit den virtuosen Pianoklängen von John Wolf Brennan und den dumpfen Horntönen von Arkady Shilkloper zu anregenden Stücken, die einem in zurücklehnenden Momenten ein Lächeln aufs Gesicht zaubern können. Vor allem dann, wenn man heimlich versucht, auch mal solche Geräusche zu verursachen ... ln

Brennan, Zehnder, Shilkloper:
Dehei nöd dehei


www.brennan.ch

Der Wind säuselt allerorts

Albin Brun ist oft unterwegs, nicht nur am Pilatus, seinem Heimberg, auch auf den Lofoten, in der Bretagne, in Kairo, an der ligurischen Küste, in Weissrussland, in Namibia und in der Seebadi Luzern. An allen Orten säuselt der Wind ihm und seinem Schwyzerörgeli Musikalisches zu. Sein Foto- und Musikalbum «Wegmarken» nennt er selber «eine persönliche Volksmusik entlang der eigenen Biografie, in der sich ‹das Alpine› mühelos mit östlichen und südlichen Einflüssen verbindet». Das albinös brunsche Örgeli ist wohl eines der vollatmigsten und luftigsten im ganzen Land, egal ob der Sturm fegt, der Hagel prasselt, der Niesel wehmüetelet. Es kann dröhnend seufzen, leichtfüssig tanzen, kann flehend sinnieren, klangvoll poltern – ­alle Schranken von Jazz, Volks- und Weltmusik überfliegend. Albins langjährige Freunde Andy Gabriel, Marc Unternährer und Andy Aegerter an der Geige, der Tuba und den Drums schmieren massig Senf dazu. Hammerschön. ln

Albin Bruns NAH Quartett:
Wegmarken

 
Double Moon Records 2014
www.albinbrun.ch

Akustische Aussichten

Wie klingt ein Panorama? Ich muss sagen, ich habe keine Ahnung. Jonas Imhof aber hat sich wohlgemut daran gemacht, Panoramen für alle hörbar zu machen. Und dies mit Konzept: Auf alle Richtungsänderungen in der sich präsentierenden Bergkette werden Musiknoten gesetzt und die resultierende Melodie als Motiv für das «Ohrenbild» verwendet, wie es auf der Internetseite des Perkussionisten heisst. Umgesetzt mit Saxophon und Trommelklängen, kann man den Linien süd-nordwärts oder dem Eggishorn entgegen folgen. Ist einem diese Ohr-Kopf-Augen-Reise zu beschwerlich (denn sie kann zugegebenermassen irritieren), lehne man sich zurück und geniesse die ziehenden Klänge des Saxophons, mit Rhythmik untermalt. ln

Jonas Imhof, Donat Fisch:
Panorama Musik


Unit Records, Bern 2014
UTR45092
www.jonasimhof.ch
www.unitrecords.com

Pilgern

Pilger haben etwas esoterisch Bemitleidenswertes an sich. Reisen oft sehr weit, um etwas zu finden, was vor der Haustüre läge. Wandern in Goretex-Schuhen ihrer Ölung entgegen, dabei würde das Fetten lederner Bergschuhe mehr Heilung versprechen. Vergesst das Pilgern und lauft los, wandert, tschalpt, hüpft, stolpert. Solange ihr Beine habt: benutzt sie. Das genügt. Und wer das nicht glaubt, spannt seine Seele zwischen die Ohren und dreht die Audioanlage hoch. Die Musik von «Pilgrims» hat die Kraft, dich an genügend Orte mitzunehmen. Landschaften, Pässe, Seen, vielleicht das Meer, der Mont Blanc, die Steppe, die Wüste und dort – eine sechsspurige Autobahn, ein Atomkraftwerk? So viel Esoterik ist noch drin, dass es auch für meditative Seelenlandschaften reicht. Unterwegs bist du allemal. gh

Brennan, Majdalani, Jencarelli:
Pilgrims


Leo Records 2013
www.leorecords.com
www.brennan.ch

John Wolf Brennan: piano u.a.
Tony Majdalani: percussion
Marco Jencarelli: guitars

Alphörner

«Alphorn Experience» existiert seit 2009 im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, urbaner und ländlicher Umgebung, Heimatverbundenheit und Weltoffenheit. Im Repertoire finden sich alte überlieferte Alphornweisen neben Eigenkompositionen, die aus den verschiedensten Quellen schöpfen wie Jazz, Funk, Blues und pulsierenden Grooves als Basis für virtuose Improvisationen. Das Quartett verschmilzt traditionelle Alpinkultur und Experimentierlust zu aktueller Weltmusik im besten Sinn. Auf Axxalp dokumentiert das Quartett die ganze Bandbreite seines Repertoires, von traditionellen Klängen (Rigiblickler, Uristier) zu neuen Kompositionen, die auch die rhythmische Beweglichkeit des Alphorns unter Beweis stellen. mm

Alphorn Experience:
Axxalp


Nation Music GmbH 2013
www.nationmusic.ch
www.mikemaurer.ch

Auf der Hochebene

Auf der Hochebene «Galen» lässt es sich im Gras liegen und den Wolken nachschauen, während junge Ziegen schier den Hang hinabpurzeln, um an das letzte Salz auf den Felsplatten zu kommen. Es kommt aber auch vor, dass der Wind die frisch aufgehängten Käsetücher von der Leine räumt, ein Gewitter aufzieht oder sich der Höhenblues breit macht. Oder dass ein Juchzer die Bergstille durchbricht und die Hektik des Tages ankündigt; Bilder aus naturnahem, teils ruhigem, teils nicht ganz unaufgeregtem Jazz. ln

Ionisation – Galen

Rafael Schilt: tenor saxophone, bass clarinet
Rodrigo Aravena: bass
Jonas Imhof: drums
Unit Records 2013
http://jonasimhof.ch

Widertäktigs

Einerseits geht es um individuelle Interpretationen einer «Volksmusik», andererseits v.a. um deren Ausdrucksmöglichkeiten in ungeraden Metren. Es ist womöglich der erste Tonträger in dieser Sparte, der eine seriell-mediaphonische Herangehensweise vorweisen kann. So zu lesen auf Oetikers Website. Wer das nicht versteht, so wie ich, soll einfach Ohren und Hirn öffnen. «Ländlermusik» ist das trotz Schwyzerörgeli keine, und das ist befreiend. Zu den Widertakten gesellen sich Schrägmelodien und einfühlsame Gitarrenläufe, manches jazzig und lüpfig, einiges popig softy, weniges anspruchsvoll intellektuell. Insgesamt macht solche Musik Spass und Freude. gh

Marcel Oetiker:
Widertäktigs


Phonoplay 2012
www.marceloetiker.com

Marcel Oetiker: Schwyzerörgeli
Florian Mächler: Gitarre
Pirmin Huber: Kontrabass
Christian Zünd: Perkussion

Wippen ist schöner als schunkeln

Nimm das Esoterische vom Sphärischen, schmeiss es über die Lautsprecherkante und schon wippt es dir in Beinen und Flügeln. Die Melodiebögen orientieren sich am Geröll, an der Gletscherzunge, am Sonnenbrand und am Gewitter, fegen um die Felskanten, brausen die Alpweide hinunter. Manche Töne lecken am Edelweiss oder sägen am Horn des Steinbocks. Wer bei diesen Worten noch keine Musik hört, der kaufe die CD. Bester Alpin-Jazz mit Sax, Schwyzerörgeli, Geige, Obertonflöte, Kontrabass und Schlagzeug.

Albin Brun Alpin Ensemble:
Sphères Alpines

 
www.albinbrun.ch

Gstudiertes Schwyzerörgeli auf rasanter Fahrt

Ein Schwyzerörgeli, wie du es noch nie gehört hast. Jazzig, funkig, bluesig, schräg und schön. Abdampfend, losreissend, lostanzend, agierend wie ein Saxophon, sich um den gestrichenen Bass windend, entlang der Schlagzeugtrommeln rasend. Marcel Oetiker spielt das Schwyzerörgeli quer durch alle Stilrichtungen, locker vom Hocker, obwohl er einer der wenigen ist, die das Örgeli studiert haben. Eine Anlehnung an die Folklore gibt es beim dem Trio nicht. Die schöne Freiheit freut auch das Schwyzerörgeli, und man hört es ihm an. Etwas ausgleichende Gerechtigkeit, denn das Saxophon kann ja auch nichts dafür, dass es für die Hudigäggeler- und Oberkrainer-Bands missbraucht wird. Tipp: Play it loud!

Marcel Oetiker TRIO:
Evolution

 
www.marceloetiker.com

Am Napf des Alphorns

Vier Alphornisten, eine Alphornistin, ergänzt durch die Brüder Schiltknecht wie immer virtuos am Hackbrett und deftig am Schlagzeug/Percussion spielen zwischen funkig, rappig, jazzig, lyrisch. Meist kraftvolle Nagefluh-Musik ohne intellektuelle Experimente, immer der Melodie verpflichtet, die das Alphorn mit seinen Tönen vorgibt, dabei ins Alphorn spoizend, was es hergibt. Man kann sogar die Lenden schlenkern und das Tanzbein hüpfen, wo doch sonst das Alphorn eher aufs Herz zielt. Traditionelle Stückli gehen die Horns mit Spielfreude und Augenzwinkern an. Eine Musik, die Freude macht und verbreitet.

The Horns Plus:
napf

 
www.paulhaag.ch

Im Takt der Güllenpumpe

John Wolf Brennan alleine am Klavier, unterwegs über Stock und Stein, Tasten und Saiten. Da tanzt das Murmeltier, es gluckert das Wasser, es begleitet der Rigibahn-Tacho oder die Güllenpumpe. Die Klaviersaiten werden geschlagen, gezupft, behämmert, gestrichen, woraus sich Landschaften bilden, weite Sichten, enge Täler, scharfe Steine, wollige Wolken. Die selten gespielte Melodica ergänzt zeitweilig wehmütig oder verspielt das Klavier.
Immer darf Musik nicht nur gefällig sein, das würde sie zu sehr einschränken. Wer also hören lernen will, muss zuhören, sich einhören – konsumieren allein genügt nicht, damit die Klänge an der Seele harzen. Genial ist das Stück Klavier sich um die Rhytmik der im 9/8-Takt ratternden «Aecherli»-Güllepumpi von 1929 windend. Es gibt dazu eine schöne Geschichte, die bleibt hier unerzählt, die erzählt Brennan mit seiner Musik.

John Wolf Brennan:
The Speed of Dark 

 
www.leorecords.com

Quer durch ...

Das Musikfestival Alpentöne zeigte in seiner siebten Ausgabe ein weiteres Mal, dass die Alpen eine Region transitorischer Begegnungen sind. Hier liegen die wichtigsten Wasserscheiden Europas dicht beieinander. Ganz unterschiedliche Lebensweisen und Temperamente treffen in den Alpen seit Jahrhunderten aufeinander, durch hohe Berge voneinander isoliert, durch Pässe miteienander verbunden. Hier, wo Händler und Waren, Sprachen und Kulturen vorbeiziehen, findet alle zwei Jahre ein wahrhaftiges Gipfeltreffen statt. Musiker aus ganz Europa, vornehmlich aus den Alpenländern, kommen in Altdorf zusammen, um die vielen Facetten und Möglichkeiten akustischer Alpenwanderungen wiederzugeben. Dabei ist das Festival keinem musikalischen Stil verpflichtet. Das Thema ist eindeutig, nicht aber das Genre. Ob Neue Musik, Klassik, Jazz Folk oder (Neue) Volksmusik bzw. Mischungen daraus. So ergibt sich ein abwechslunsreiches Programm, das sich auch in der Auswahl der Titel auf dieser CD wiederspiegelt. (Klpappentext)

Alpentöne 2009
Ein Querschnitt durch das Festival ’09

 
Musiques Suisses 2010
www.musiques-suisses.ch www.alpentoene.ch

... und drüber

Die Alpen sind nicht nur voller Viehglocken, Felsknacken, Donnergrollen, Traktorenmotoren, Lastwagengetriebe, Wasserrauschen, Feengluckern, Teufelsschwänzeln. Alle zwei Jahre gibt es das Alpentöne-Festival in Altdorf. Und wieder einmal ist es jammerschade, dass man 2011 nicht dabei war. Gegen das Jammern hilft der Rückblick mittels Ohren. Musik aus den Bergen von Marcel Oetiker, dem Adrenalinmusikanten am Schwyzerörgeli, mit Arkady Shilkloper, dem wütenden Alphorn, den ruhig plätschernden Quadrat.schen, mit Christian Zehnder (genial), mit den theatrahlen Roberto e Dimitri, und einem eigens zusammengeschweissten Blasorchester, sowie weiteren Urgesteinen und Soldanellen. Oft leicht schräg bis jazzig, manchmal etwas folkig und volkmusikalisch, oft recht vorwärtstreibend, als wäre den Leuten allein im Gebirge nicht wohl genug, als gelüste es ihnen da raus zu gelangen. (gh)

Alpentöne 2011
Ein Querschnitt durch das Festival ’11

 
Musiques Suisses 2012
www.musiques-suisses.ch www.alpentoene.ch

Ein Volk von vier Musikern

Man meint Volksmusik sei nicht zu spielen, wenn man keinen Alpöhi zum Grossvater hat. Die vier Leute von Pago Libre haben keinen, aber seit Jahren eine musikalische Vergangenheit, die immer wieder Bezug nimmt zu den Volksmusiken der kleinen Schweiz und der grossen Welt. Wehmütige Balladen, überraschende Rhythmen, drängender Bass, flügelschwingende Geige, bergquellklares Klavier, virtuoses Alphorn. Dem Jazz und der Volksmusik entwichen, verschmelzend an den Rändern zurückkehrend und manchmal hört man acht Augen zwinkern und klippern. Fake Folk mag Fake sein und Folk und echter als vieles Ächtes.

Pago Libre:
Fake Folk

 
www.pagolibre.com

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