Musik

Akustische Aussichten

Wie klingt ein Panorama? Ich muss sagen, ich habe keine Ahnung. Jonas Imhof aber hat sich wohlgemut daran gemacht, Panoramen für alle hörbar zu machen. Und dies mit Konzept: Auf alle Richtungsänderungen in der sich präsentierenden Bergkette werden Musiknoten gesetzt und die resultierende Melodie als Motiv für das «Ohrenbild» verwendet, wie es auf der Internetseite des Perkussionisten heisst. Umgesetzt mit Saxophon und Trommelklängen, kann man den Linien süd-nordwärts oder dem Eggishorn entgegen folgen. Ist einem diese Ohr-Kopf-Augen-Reise zu beschwerlich (denn sie kann zugegebenermassen irritieren), lehne man sich zurück und geniesse die ziehenden Klänge des Saxophons, mit Rhythmik untermalt. ln

Jonas Imhof, Donat Fisch:
Panorama Musik


Unit Records, Bern 2014
UTR45092
www.jonasimhof.ch
www.unitrecords.com

Pilgern

Pilger haben etwas esoterisch Bemitleidenswertes an sich. Reisen oft sehr weit, um etwas zu finden, was vor der Haustüre läge. Wandern in Goretex-Schuhen ihrer Ölung entgegen, dabei würde das Fetten lederner Bergschuhe mehr Heilung versprechen. Vergesst das Pilgern und lauft los, wandert, tschalpt, hüpft, stolpert. Solange ihr Beine habt: benutzt sie. Das genügt. Und wer das nicht glaubt, spannt seine Seele zwischen die Ohren und dreht die Audioanlage hoch. Die Musik von «Pilgrims» hat die Kraft, dich an genügend Orte mitzunehmen. Landschaften, Pässe, Seen, vielleicht das Meer, der Mont Blanc, die Steppe, die Wüste und dort – eine sechsspurige Autobahn, ein Atomkraftwerk? So viel Esoterik ist noch drin, dass es auch für meditative Seelenlandschaften reicht. Unterwegs bist du allemal. gh

Brennan, Majdalani, Jencarelli:
Pilgrims


Leo Records 2013
www.leorecords.com
www.brennan.ch

John Wolf Brennan: piano u.a.
Tony Majdalani: percussion
Marco Jencarelli: guitars

Alphörner

«Alphorn Experience» existiert seit 2009 im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, urbaner und ländlicher Umgebung, Heimatverbundenheit und Weltoffenheit. Im Repertoire finden sich alte überlieferte Alphornweisen neben Eigenkompositionen, die aus den verschiedensten Quellen schöpfen wie Jazz, Funk, Blues und pulsierenden Grooves als Basis für virtuose Improvisationen. Das Quartett verschmilzt traditionelle Alpinkultur und Experimentierlust zu aktueller Weltmusik im besten Sinn. Auf Axxalp dokumentiert das Quartett die ganze Bandbreite seines Repertoires, von traditionellen Klängen (Rigiblickler, Uristier) zu neuen Kompositionen, die auch die rhythmische Beweglichkeit des Alphorns unter Beweis stellen. mm

Alphorn Experience:
Axxalp


Nation Music GmbH 2013
www.nationmusic.ch
www.mikemaurer.ch

Auf der Hochebene

Auf der Hochebene «Galen» lässt es sich im Gras liegen und den Wolken nachschauen, während junge Ziegen schier den Hang hinabpurzeln, um an das letzte Salz auf den Felsplatten zu kommen. Es kommt aber auch vor, dass der Wind die frisch aufgehängten Käsetücher von der Leine räumt, ein Gewitter aufzieht oder sich der Höhenblues breit macht. Oder dass ein Juchzer die Bergstille durchbricht und die Hektik des Tages ankündigt; Bilder aus naturnahem, teils ruhigem, teils nicht ganz unaufgeregtem Jazz. ln

Ionisation – Galen

Rafael Schilt: tenor saxophone, bass clarinet
Rodrigo Aravena: bass
Jonas Imhof: drums
Unit Records 2013
http://jonasimhof.ch

Widertäktigs

Einerseits geht es um individuelle Interpretationen einer «Volksmusik», andererseits v.a. um deren Ausdrucksmöglichkeiten in ungeraden Metren. Es ist womöglich der erste Tonträger in dieser Sparte, der eine seriell-mediaphonische Herangehensweise vorweisen kann. So zu lesen auf Oetikers Website. Wer das nicht versteht, so wie ich, soll einfach Ohren und Hirn öffnen. «Ländlermusik» ist das trotz Schwyzerörgeli keine, und das ist befreiend. Zu den Widertakten gesellen sich Schrägmelodien und einfühlsame Gitarrenläufe, manches jazzig und lüpfig, einiges popig softy, weniges anspruchsvoll intellektuell. Insgesamt macht solche Musik Spass und Freude. gh

Marcel Oetiker:
Widertäktigs


Phonoplay 2012
www.marceloetiker.com

Marcel Oetiker: Schwyzerörgeli
Florian Mächler: Gitarre
Pirmin Huber: Kontrabass
Christian Zünd: Perkussion

Wippen ist schöner als schunkeln

Nimm das Esoterische vom Sphärischen, schmeiss es über die Lautsprecherkante und schon wippt es dir in Beinen und Flügeln. Die Melodiebögen orientieren sich am Geröll, an der Gletscherzunge, am Sonnenbrand und am Gewitter, fegen um die Felskanten, brausen die Alpweide hinunter. Manche Töne lecken am Edelweiss oder sägen am Horn des Steinbocks. Wer bei diesen Worten noch keine Musik hört, der kaufe die CD. Bester Alpin-Jazz mit Sax, Schwyzerörgeli, Geige, Obertonflöte, Kontrabass und Schlagzeug.

Albin Brun Alpin Ensemble:
Sphères Alpines

 
www.albinbrun.ch

Gstudiertes Schwyzerörgeli auf rasanter Fahrt

Ein Schwyzerörgeli, wie du es noch nie gehört hast. Jazzig, funkig, bluesig, schräg und schön. Abdampfend, losreissend, lostanzend, agierend wie ein Saxophon, sich um den gestrichenen Bass windend, entlang der Schlagzeugtrommeln rasend. Marcel Oetiker spielt das Schwyzerörgeli quer durch alle Stilrichtungen, locker vom Hocker, obwohl er einer der wenigen ist, die das Örgeli studiert haben. Eine Anlehnung an die Folklore gibt es beim dem Trio nicht. Die schöne Freiheit freut auch das Schwyzerörgeli, und man hört es ihm an. Etwas ausgleichende Gerechtigkeit, denn das Saxophon kann ja auch nichts dafür, dass es für die Hudigäggeler- und Oberkrainer-Bands missbraucht wird. Tipp: Play it loud!

Marcel Oetiker TRIO:
Evolution

 
www.marceloetiker.com

Am Napf des Alphorns

Vier Alphornisten, eine Alphornistin, ergänzt durch die Brüder Schiltknecht wie immer virtuos am Hackbrett und deftig am Schlagzeug/Percussion spielen zwischen funkig, rappig, jazzig, lyrisch. Meist kraftvolle Nagefluh-Musik ohne intellektuelle Experimente, immer der Melodie verpflichtet, die das Alphorn mit seinen Tönen vorgibt, dabei ins Alphorn spoizend, was es hergibt. Man kann sogar die Lenden schlenkern und das Tanzbein hüpfen, wo doch sonst das Alphorn eher aufs Herz zielt. Traditionelle Stückli gehen die Horns mit Spielfreude und Augenzwinkern an. Eine Musik, die Freude macht und verbreitet.

The Horns Plus:
napf

 
www.paulhaag.ch

Im Takt der Güllenpumpe

John Wolf Brennan alleine am Klavier, unterwegs über Stock und Stein, Tasten und Saiten. Da tanzt das Murmeltier, es gluckert das Wasser, es begleitet der Rigibahn-Tacho oder die Güllenpumpe. Die Klaviersaiten werden geschlagen, gezupft, behämmert, gestrichen, woraus sich Landschaften bilden, weite Sichten, enge Täler, scharfe Steine, wollige Wolken. Die selten gespielte Melodica ergänzt zeitweilig wehmütig oder verspielt das Klavier.
Immer darf Musik nicht nur gefällig sein, das würde sie zu sehr einschränken. Wer also hören lernen will, muss zuhören, sich einhören – konsumieren allein genügt nicht, damit die Klänge an der Seele harzen. Genial ist das Stück Klavier sich um die Rhytmik der im 9/8-Takt ratternden «Aecherli»-Güllepumpi von 1929 windend. Es gibt dazu eine schöne Geschichte, die bleibt hier unerzählt, die erzählt Brennan mit seiner Musik.

John Wolf Brennan:
The Speed of Dark 

 
www.leorecords.com

Quer durch ...

Das Musikfestival Alpentöne zeigte in seiner siebten Ausgabe ein weiteres Mal, dass die Alpen eine Region transitorischer Begegnungen sind. Hier liegen die wichtigsten Wasserscheiden Europas dicht beieinander. Ganz unterschiedliche Lebensweisen und Temperamente treffen in den Alpen seit Jahrhunderten aufeinander, durch hohe Berge voneinander isoliert, durch Pässe miteienander verbunden. Hier, wo Händler und Waren, Sprachen und Kulturen vorbeiziehen, findet alle zwei Jahre ein wahrhaftiges Gipfeltreffen statt. Musiker aus ganz Europa, vornehmlich aus den Alpenländern, kommen in Altdorf zusammen, um die vielen Facetten und Möglichkeiten akustischer Alpenwanderungen wiederzugeben. Dabei ist das Festival keinem musikalischen Stil verpflichtet. Das Thema ist eindeutig, nicht aber das Genre. Ob Neue Musik, Klassik, Jazz Folk oder (Neue) Volksmusik bzw. Mischungen daraus. So ergibt sich ein abwechslunsreiches Programm, das sich auch in der Auswahl der Titel auf dieser CD wiederspiegelt. (Klpappentext)

Alpentöne 2009
Ein Querschnitt durch das Festival ’09

 
Musiques Suisses 2010
www.musiques-suisses.ch www.alpentoene.ch

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