Bücher

Mythen, Museen, Mastschweine

Wenn wir an Landwirtschaft denken, kommt uns erst mal eine Kuh, dann ein bärtiger Bauer, eine hübsche Landschaft, vielleicht noch ein Traktor in den Sinn. Markus Bühler-Rasom hat während mehreren Jahren die Landwirtschaft als erweiterte Agrarzone, die tief in die Gesellschaft hineinreicht, fotografiert und ergänzt unsere Kopfbilder mit Bildern zu Politik, Industrie, Verarbeitung, Logistik, Entsorgung, Folklore, zu Preisverleihungen, Mythen, Museen, Mastschweinen usw. Präg­nante, teils plakative Portraits zeigen den Menschen in diesem Panoptikum als Bäuerin und Bauer, als Unternehmer und Schaffer, als Täter und Verwalter, als Werbeträger und Lobbyisten. Das Buch ist äusserst sorgfältig gemacht: Papier, Druck, Format passen; längere Bildlegenden und eher spärliche Texte liefern knappe Informationen und bisweilen philosophische Ein- und Ausblicke, die fotografisch schwer sichtbar gemacht werden können. Der Bildband bildet die momentane Landwirtschaft nicht nur ab, sondern macht sie lesbar und fordert zum eigenen Nachdenken auf, wie wir mit der Landschaft, den Tieren, den Pflanzen – und schlussendlich auch mit uns – umgehen wollen. Er tut dies ohne missionarischen oder ideologischen Eifer. Wer trotzdem ein Unbehagen spürt, liegt nicht ganz falsch. gh

Markus Bühler-Rasom:
Landwirtschaft Schweiz

 
288 Seiten, gebunden
200 SW- und Farbbilder
AS Verlag, Zürich 2014
ISBN 978-3-906055-27-5
CHF 68.–, EUR 62.90
www.as-verlag.ch

Über den Kessirand geschaut

Meist ist Alpwirtschaft stark regional geprägt mit ihren Bräuchen, Traditionen, Rechten, Pflichten, von der Tierart über die Bekleidung der ÄlplerInnen bis hin zu Stacheldrähten oder Elektrozäunen. Über den Kessirand spähen wir hier nach Bad Hindelang im Allgäu. Das Buch entstand im Geiste um die Anerkennung der Alpwirtschaft bei der UNESCO als «immaterielles Kulturerbe», was so viel bedeutet wie «Bewahrung traditioneller Kultur und Folklore». Den Autoren aus Politik, Naturschutz, Forschung und Bauerntum gelingt es, die allgäuische Verbundenheit zur Alpwirtschaft aufzuzeigen, ohne in folkloristische Heimattümelei zu verfallen. Interessant, wie sich jenseits der Grenze ähnliche Probleme in Bezug auf Bestossung, Ökologie, Vergandung und Strukturwandel stellen wie bei uns – auch wenn die HindelangerInnen gemäss ihrer Geschichte und ihren Gepflogenheiten eigene, regionale Lösungen ausdenken. gh

Autorenschaft:
Kulturerbe Alpwirtschaft in Bad Hindelang

 
120 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
context verlag, Augsburg 2014
ISBN 978-3-939645-80-1
CHF 28.50, EUR 19.80
www.context-mv.de

Reich dokumentiertes, nostalgisch anmutendes Uri

Wer gerne Fotobücher anschaut, mag dieses Buch! Es dokumentiert den Kanton Uri mit seinen BergbewohnerInnen durch eine grosse Anzahl Fotos. Die einen entsprechen mehr dem ästhetischen, die anderen mehr dem dokumentarischen Anspruch, und bei einigen fragt sich der Betrachter vielleicht, ob sie nötig sind. Nebst einer kurzen Einführung über die Organisation des Kantons führt der Autor den Betrachter vom unteren Reusstal über Schächental und Urnerboden ins obere Reusstal und zu guter Letzt ins Maderanertal. Dabei werden verschiedene Personen und Familien porträtiert, die entweder als Bergbauern, Älpler, Wildheuer oder in weiteren Bereichen tätig sind. Es werden zwar einige interessante Geschichten der abgebildeten Personen angesprochen, die Texte gehen jedoch selten in die Tiefe. Schade auch, dass im Dschungel der Fotos die guten Bilder etwas verloren gehen. Nebst dem Älplertum werden auch das Handwerk der Glockenherstellung, die Schneeräumung am Pass oder Bräuche wie die «Chilbi» gezeigt. pw

Andreas Bachofner:
UR-Alpen

Alp- und Bergleben im Kanton Uri
 
248 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
Gisler Druck, Altdorf 2014
ISBN 978-3-906130-89-7
CHF 39.–

Fotografin Kuh

Alle sieben bis zehn Minuten macht es klick anstatt kling – denn dort wo sonst bei einer Kuhglocke der Klöppel hockt, sitzt die Cowcam. Christoph Sigrist stattet seit Jahren diverse Kühe in der Schweiz mit einer kleinen Kamera aus, die ungefähr dem Blickfeld der Kuh entsprechend in regelmässigen Intervallen ein Bild macht. Mittlerweile haben sich bei Sigrist über 20’000 Bilder angesammelt, gut 200 der Besten sind in diesem Buch versammelt. Dabei sind die Kühe als vielseitig begabte Fotografinnen zu entdecken: mal scharf, mal verschlirpt, mal farbig schreiend, mal pastell verlegen, mal kühn, mal dokumentarisch und vielfach überraschend klicken sie sich ihre Welt zusammen, an der wir mit diesem Buch teilnehmen dürfen. Passionierte Kuhfotografen mag es bekümmern, dass ihre Objekte interessantere Bilder schiessen, als sie selbst. gh

Christoph Sigrist, Daniel von Rüti:
Cowcam

Kühe fotografieren ihre Welt
Texte: Sagita Lehner
 
224 Seiten, gebunden
224 Farbbilder
Faro Fona Verlag, Lenzburg 2014
ISBN 978-3-03781-071-2
CHF 39.90
www.faro-buch.ch
www.cowcam.ch

Waadtländer Jura

In verschiedenen Kapiteln wird eine detaillierte Beschreibung und Typologisierung der «Alphütten» vorgenommen, wobei die Bezeichnung «Hütte» angesichts der meist stattlichen und teils auch ganzjährig bewohnten Steinbauten nur sehr bedingt zutreffend ist. Eine Fülle von Informationen gibt es aber auch zur Geschichte der Alpgebäude, zu alpwirtschaftlichen Infrastrukturbauten – etwa zu den angesichts der wasserarmen Kalkböden für die Wasserversorgung wichtigen Zisternen und zu grossräumigen Pferchen aus Steinmauern – und nicht zuletzt zur Käseproduktion. Zum Glück gibt es unter den zahlreichen, sehr ansprechenden Fotografien auch einige Abbildungen mit Männern und Frauen bei der Arbeit, sonst könnte man beim Lesen fast vergessen, dass die Alpwirtschaft in erster Linie von engagierten Bauern und Bäuerinnen, Älplern und Älplerinnen lebt. an

Daniel Glauser:
Chalets d’alpages du parc naturel régional Jura vaudois

 
168 Seiten
gebunden, französisch
Edition Favre, Lausanne 2012
ISBN 978-2-8289-1323-6
CHF 44.00
www.editionsfavre.com

Alpleben im Obertoggenburg

Die Alpwirtschaft wird nicht aussterben, wenigstens in den Medien nicht. Je weniger Kühe gealpt werden, desto mehr Journalisten, Fotografinnen, Filmer, Volkskundlerinnen und Forscher stapfen über die Weiden. Ja geht denn niemand mehr nach Afrika, die hungernden Kinder schauen?

Bachofner war im Obertoggenburg, begleitete mehrere Bauernfamilien während zwei Jahren bei ihrer Alparbeit mit Kamera und Notizblock – und man kann ihm nicht alles anlasten, was wir eingangs schrieben. Wer die Alpen und Leute des Obertoggenburgs kennen lernen will, findet in diesem Buch in grossformatigen Bildern und einfühlsamen Texten viel Wissenwertes über Kultur und Alpleben. gh

Andreas Bachofner:
Alpzeit

Gelebte Traditionen im Toggenburg
 
160 Seiten, 165 Farbfotos,
gebunden
faro Verlag, Lenzburg 2012
ISBN 978-3-03781-050-7
CHF 36.90
www.fona.ch

Hymne an die Alp

Ein tolles Stimmungsbuch. Martin Bienerth hat in seinen viele Jahren z'Alp die verschiedensten Stimmungen in Bild und Wort eingefangen. Stimmungen am Morgen früh, im Nebel, beim zischenden Melken, bei Schneewetter, bei der Geburt eines Kälbli, beim Suhlen im Schottentrog, beim Heimwärts ziehen. Auch die Stimmungen zwischen Mensch und Tier und zwischen den Tieren untereinander werden spürbar. Stimmungen aus der Sicht des Älplers. Der Focus ist auf die Kuh, auf das Tier gerichtet. Menschen sind eher selten zu sehen. Aus den Worten klingt oft Begeisterung und Dankbarkeit für das Alperleben, manchmal auch etwas Kritik am Menschen und an seiner Gesellschaft. Das Buch lädt ein zum Staunen, Verweilen und Mitfühlen – eine wahre Hymne an die Alpwirtschaft. Barbara Sulzer

Martin Bienerth:
Alp

himmelhoch – erdenschön

Alpsicht Verlag, Andeer 2011
ISBN 978-3-85932-655-2
CHF 44.90
www.alpsicht.ch/
www.fona.ch/shop

In eigener Sache

Wer einmal anfängt darin zu blättern, hört nicht so schnell wieder damit auf. Obwohl das Buch nur 13 Älplerinnen- und Älpler-Porträts enthält, spiegelt es das unglaublich breite Spektrum an Menschen wider, die Sommer für Sommer auf Schweizer Alpen arbeiten: Vom Aussteiger bis zum Traditionalisten, vom Einzelgänger bis zum Familienmenschen, vom 15- bis zum 90-Jährigen, vom Schulabbrecher bis zum Uniabsolventen.

Die Texte sind oft sehr erfrischend: «Die Bergler können nichts dafür, dass sie in einer Landschaft leben, die sich gut auf Tourismusprojekten macht.» Und manchmal so schlicht wie wahr: «Die Menschen sind kompliziert. Das Leben mit den Tieren ist eindeutig. Hau einem Rind auf den Arsch und es geht, dem Tätsch gehorchend, vorwärts.» Das Beste sind jedoch die Bilder: So nah. So ungestellt. So echt. Man ist dabei, geht mit, fühlt sich ein. Und weil die Personen nicht nur ein- oder zweimal abgelichtet werden, bekommt man ein ganzheitliches Bild von ihnen. Sogar die Winterhälfte des Älplerlebens findet da und dort Platz im Buch. Eveline Dudda

Hösli, Hugentobler, Dilloo, Dyttrich, Schwegler, Tanner:
Hirtenstock und Käsebrecher

Älplerinnen und Älpler im Portrait

zalpverlag, 2. Auflage Mollis 2011
ISBN 978-3-033-02385-7
CHF 74.–
www.zalpverlag.ch

Zwölf Männer für zwölfhundert Schafe

Per Helikopter gelangen die zwölf Treiber ins Aljetschji, einer Hochgebirgsweide am Rand des Grossen Aletschgletschers, wo die zwölfhundert Schafe unbehütet ihren Alpsommer verbringen. Das Sammeln der Schafe mit Peitschen, aber ohne Hirtenhund, folgt uralten Bräuchen und Regeln, verlangt den Säckelmeistern, Sannern und Hilfssannern Tierkenntnis, Schwindelfreiheit und schweissnasse Socken ab. Kurz vor dem Eintreffen auf der Belalp werden die schönsten Schafe geschmückt, die Treiber frisch bekleidet. Als Helden des Tages werden sie und ihre wollene Gefolgschaft am Schäferfest erwartet, von massig angereisten Touristen und wenigen Schafbauern.

Schuppisser und Ganz begleiten den mehrtägigen Alpabzug, bleiben angenehm staunende Journalisten, biedern sich nicht der Folklore an, berichten spannend und lehrreich über das Ereignis, lassen die Treiber zu Worte kommen und schenken uns Daheimgebliebenen wunderschöne Bilder mit einem Sprutz Schalk. Ein gelungenes Buch. gh

Thomas Schuppisser und Michael T. Ganz:
embrüf, embri

Die Heimkehr der Schafe

Verlag hier+jetzt, Baden 2010
ISBN 978-3-03919-161-1
CHF 58.–
www.hierundjetzt.ch

Löcherware vom feinsten

Wer nicht nur gerne Käse macht, sondern auch erfahren möchte, was alles möglich ist, wenn man den Käse auf dem richtigen Fleck hat, wird mit dem Buch schmierig, löcherig, weisschimmlig, zigerig, cremig, hart und zuletzt ausgereift glücklich. «Schweizer Käse» ist das momentane Standardwerk zum Schweizer Käse. Damit sind nicht die Industriekäse wie Emmentaler oder Greyerzerkäse gemeint, sondern originelle Sorten, hergestellt von Leuten, die angetrieben sind Käse jenseits der Massen und der Langweile herzustellen. Portraitiert werden Käse aus allen Landesteilen und aus allen Höhenschichten. Klar, dass der Anteil an Alpkäseportraits im Verhältnis zur produzierten Menge zu hoch ist, aber auf der Alp wird der Mythos um einen handwerklich hergestellten Rohmilchkäse, den Urkäse schlechthin, am eindrucksvollsten ersichtlich. Konkret geht es um Mascarpin und Chevrotin, um Stanser Fladen und Mühlistein, um Schab- und Kräuterziger, aber auch um geläufigere Sorten wie Echter Emmentaler, Alp-Sbrinz, Vacherin, Raclette, Tilister aus Käsereien mit dem besonderen Löchlein auf dem i. Kurz: Reich und toll bebildertes Plädoyer für den Rohmilchkäse. Neben einer umfassenden Historie des Schweizer Käse enthält das Buch ein ebenso umfassendes Lexikon der Schweizer Käsesorten und der Käsereifachbegriffe. gh

Dominik Flammer und Fabian Scheffold:
Schweizer Käse

Ursprünge, traditionelle Sorten und neue Kreationen
 
AT Verlag AZ Fachverlage AG, Baden 2009
ISBN 978-3-03800-474-5
CHF 98.–
www.at-verlag.ch

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