Bücher

Lushütten Alp

Lushüttenalp? Noch nie gehört. Darüber gibts ein Buch? Wo ist denn das? Lushütten liegt zwei Wanderstunden westlich vom Napf oder nördlich von Trub den «Brandöschgrabe» hinauf und ist laut Vorwort «eine der schönsten Emmentaler Alpen». Auch wenn die Weiden nur knapp über 1300 Meter gehen, ist die Rundum-Aussicht zum Jura, ins alpine Gebirge und die emmentalische Hügelszene berauschend – und falls nicht, hilft das Alprestaurant. Nun hat sich die Alpgenossenschaft Lushütten zum 150-jährigen Jubiläum selber eine Chronik geschenkt. Ein unspektakuläres Werk und deswegen so sympathisch. Die Autorin, selber Genossenschafterin, hat unzählige Dokumente, Pacht- und Arbeitsverträge, Protokolle von Gemeindeversammlungen und Ähnliches ausgegraben, in thematisch angelegte Kapitel gegliedert und reich bebildert. Möglich, dass dies vor allem involvierte Kreise interessiert, trotzdem erfahren auch wir Lushüttenunkundigen von Mobbing und Intrigen, von Frevel an Holz und Wild, von Wasser- und Hirtpersonalsuchenden, vom Gerangel um Strassenbau, Waldnutzung und Telefonkosten. Es «mönschelet» halt allenorten und schon immer. gh

Regina M. Heiniger-Leuenberger:
Lushütten Alp

Zum 150-jährigem Bestehen der Alpgenossenschaft Lushütten
 
136 Seiten, Broschur
Kulturbuchverlag, Riedtwil 2016
ISBN 978-3-905939-35-4
CHF 20.–
www.herausgeber.ch
www.lushuette.ch

Bittschön, was ist ein Fugibootschä?

In wenigen Worten die Fülle an Bildern und Informationen, die Hirtler auf 500 Seiten zusammengefasst hat, zu umreissen, fällt schwer. Da helfen nur Stichworte: Geschichte der Urner Berglandwirtschaft, Essay von Fredi M. Murer, historische Rückblenden von Urner Fotografen, Kurzporträts von 22 Alpen, Literatursplitter von Arno Camenisch, 100 Tage Alp in Bildern von Christof Hirtler, Ausblicke in die Zukunft. Die Seele des Buches aber sind die eindrücklichen Erzählungen der Urner Bergbäuerinnen, Bergbauern und ÄlplerInnen. Hirtler lässt sie reden und wir hören ihnen gebannt zu – was haben diese Leute gearbeitet, geschwitzt, entbehrt. «Schiär nit zum gläübä, wiän äs gsy isch und äs hit isch.» So wird Berglerleben erlebbar. Und wer nicht weiss, wer und was ein «Tinner» und ein «Fugibootschä» ist, den lassen wir weiter rätseln – soll er das Buch kaufen. gh

Christof Hirtler:
Hirt, Tinner und Fugibootschä

Urner Berglandwirtschaft – früher, heute, morgen
 
495 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
bildfluss, Altdorf 2015
ISBN 978-3-9524501-1-6
CHF 56.–
www.bildfluss.ch

Von Hannibal bis heute

Ohne jeden Zweifel gehört der an der Universität Luzern lehrende Historiker Jon Mathieu zu den besten und renommiertesten KennerInnen der Geschichte der Alpen. Galt sein Interesse zu Beginn seiner Forschungen eher kleinräumigen Verhältnissen – etwa dem Unterengadin in der Neuzeit (Bauern und Bären, Chur 1987) –, so wurden die grösseren Zusammenhänge in seinem Schaffen immer wichtiger, bis hin zur globalen Dimension, indem er die Geschichte der Alpen in den Kontext anderer grosser Gebirgszüge, wie etwa der Anden und des Himalayas, stellte (Die dritte Dimension, Basel 2011). Kein Wunder also, dass sich der deutsche Verlag Reclam für eine geplante, kulturhistorisch ausgerichtete «Geschichte der Alpen» für eine breite LeserInnenschaft an ihn wandte. Keine leichte Aufgabe, galt es doch einen Zeitraum von mehreren tausend Jahren und einen geografischen Raum von Südfrankreich bis in die Slowakei abzudecken. Dank seines breiten und fundierten Wissens gelingt es Mathieu jedoch, einen spannenden und gut strukturierten Überblick von den ersten steinzeitlichen Wildbeutern bis zum Entstehen der Alpenkonvention zu geben. Zur Sprache kommen dabei u.a. sowohl die politische Geschichte, die ökonomischen Verflechtungen mit dem Umland, unterschiedliche Entwicklungen der Land- und Alpwirtschaft, die Sozialstrukturen der alpinen Bevölkerung, die Bedeutung religiöser und magischer Vorstellungen für die Bewältigung des Lebensalltags, als auch die (Aussen-)Wahrnehmung der Alpen und ihrer BewohnerInnen durch Wissenschaft und Gesellschaft. ab

Jon Mathieu:
Die Alpen

Raum – Kultur – Geschichte
 
254 Seiten, 88 Abb., gebunden
Reclam Stuttgart 2015
ISBN 978-3-15-011029-4
CHF 50.–
www.reclam.de

Gemeinsam auf dem Acker

Konsumenten graben, jäten, ernten gemeinsam mit Gemüsebäuerinnen – und sichern durch Vorauszahlung für mindes­tens eine Saison deren Einkommen. Dies ist das Grundprinzip der «solidarischen Landwirtschaft»; das Risiko von Ausfällen durch schlechtes Wetter oder Schädlingsbefall wird dadurch von den Konsument­Innen mitgetragen. Ihre wöchentliche Gemüsetasche holen sie in einem regionalen Depot ab – vielleicht hats darin wegen ungünstiger Witterung einmal weniger Bohnen als geplant, dafür mehr Brokkoli und Rüebli.

1978 wurde in Genf die erste Gemüseko­operative Europas gegründet. Seither sind in der Schweiz rund 50 Projekte mit mehreren Tausend Beteiligten entstanden. Bettina Dyttrich portraitiert ein Dutzend Beispiele und lässt die Lesenden kritisch an der Erfolgsgeschichte teilnehmen, Gior­gio Hösli liefert die Bilder dazu. Im Anhang finden sich Tipps und Stolpersteine für Bäuerinnen, Bauern und Interessierte, die solidarisch landwirtschaften wollen. Und die es nicht wollen, bekommen einen Einblick in eine andere Form der Landwirtschaft, die neben der konventionellen machbare Alternativen aufzeigt. Ein wichtiges Hand- und Lesebuch, das vermittelt: Es scheint Freude zu machen, so zu arbeiten! Lesen, verschenken – und staunen, was sich weiter bewegt … cs

Bettina Dyttrich, Giorgio Hösli:
Gemeinsam auf dem Acker

Solidarische Landwirtschaft in der Schweiz
 
288 Seiten, gebunden
170 Farbbilder
Rotpunktverlag, Zürich 2015
ISBN 978-3-85869-667-0
CHF 38.–
www.rotpunktverlag.ch

Ohne Heimatzwang

Auch wenn die MusikerInnen aus der «Szene» den Begriff «Neue Volksmusik» ablehnen, haben Johannes Rühl und Dieter Ringli, Leiter des Festivals Alpentöne, ihr Buch so benannt – wohl im Wissen, dass man benennen muss, was man beschreiben will. Der erste Teil des Buch geht den Ursprüngen nach, lotet die Bezüge zu anderen Musikgenres aus, holt die ExponentInnen ans Licht und rückt manche falsche Vorstellung an den richtigen Ort. Denn «neu» ist diese Volksmusik natürlich keineswegs, die meisten MusikantInnen bedienen sich bei altem Material. Sie ist «auch keine Rebellion oder gar Revolution, wie das von Journalisten immer wieder heraufbeschworen wird. Die Zeiten, als man gegen eine erstarrte, nationalkonservative Traditionspflege angetreten ist, sind längst vorbei», schreibt Ringli. Die Annäherung der «neuen» und der «traditionsbehafteten» Szene bleibt jedoch zaghaft. Dies mag einerseits an den MusikerInnen selber liegen, an ihrer unterschiedlichen politischen Gesinnung, an ihrer unterschiedlichen musikalischen Herkunft und Ausbildung – andererseits am Publikum, das bei den «Neuen» mehrheitlich urban geblieben ist. Zu hören ist die Musik auf Radio SRF 2 und nicht auf Radio Eviva.

Das Buch ist dank seiner breiten Auseinandersetzung mit der Schweizer Volksmusik unerhört und ausgesprochen spannend. Es enthält als Goodie eine CD mit den wichtigsten VertreterInnen der «Neuen Volksmusik» wie Alpine Experience, Stimmhorn, Hujässler, Doppelbock, Nadja Räss, Erika Stucky und anderen mehr. gh

Dieter Ringli, Johannes Rühl:
Die Neue Volksmusik

Siebzehn Porträts und eine Spurensuche in der Schweiz
 
362 Seiten, gebunden
mit Musik-CD
Chronos Verlag, Zürich 2015
ISBN 978-3-0340-1310-9
CHF 38.–
www.chronos-verlag.ch

Totgesagte leben länger

Man hofft und wünscht es den alten Nutztierrassen des Alpenraums und ihren engagierten Züchtern, dass sich dieses Sprichwort bewahrheiten möge. Und liest zwischen den Zeilen von ihrem Überlebenskampf, weniger um Futter und Raum, mehr gegen Überalterung, Verengung des Genpools und Veränderung erwünschter Rasseeigenschaften durch unpassende Haltungsformen. Der Autor, als Nebenerwerbslandwirt selber Züchter einiger seltener Nutztierrassen, hat sich im europäischen Alpenraum auf die Suche nach regional entstandenen Tierrassen gemacht. Und wer die Nase voll hat von den immer gleichen Rindern oder Ziegen und auf der Suche ist nach Tieren, die sich in Hunderten von Jahren perfekt an die Bedingungen der Berglandwirtschaft angepasst haben, wird hier fündig. Geordnet nach verschiedenen Alpenländern und -regionen stellt der Autor seltene Nutztiere diverser Gattungen (Rinder, Pferde, Esel, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel, Kaninchen, Hunde) in Bildern und Steckbriefen vor. Er zeigt das Verbreitungsgebiet und nennt Kontaktadressen. Auch Tierhalter, die diese Rassen nutzen und züchten, kommen zu Wort. Ergänzt wird der reich bebilderte Buch-Schatz durch einen kurzen Abriss zur Entstehung der alpinen Kulturlandschaft und zur Entwicklung der Nutztierrassen. ab

Günter Jaritz:
Seltene Nutztiere der Alpen

7000 Jahre geprägte Kulturlandschaft
 
336 Seiten, gebunden
viele Farbbilder
Verlag Anton Pustet, Salzburg 2014
ISBN 978-3-7025-0744-2
CHF 51.90, EUR 39.00
www.pustet.at

Bis auf den Grund der Milch

Eine Wiese ist etwas Schönes zum Anschauen, aber fressen können wir sie nicht. Auch wenn die üppigsten Gräser und Kräuter uns locken, wir würden verhungern. Dank Wiederkäuern und anderen Milchtieren kommt die Wiesenahrung trotzdem auf unsere Teller und in unsere Gläser. Die Zeitschrift «Journal Culinaire» steckt den Trinkhalm tief in den Rohstoff Milch, gibt Auskunft zu politischen, chemischen und gesundheitlichen Aspekten. Es schreiben Wissenschaftlerinnen, Kulturphilosophen, Historikerinnen, Köche und Milchexperten zu allen Fragen der Milch, die uns schon immer interessierten, deren Antworten wir als der Gattung Säugetiere zugehörig schon immer vermissten. Was tut die Kuh für den Boden? Was ist der Unterschied zwischen frischer Milch und Rohmilch? Warum vertragen die einen Milch nicht, für andere ist sie der Aufbaustoff fürs Immunsystem? Wie beeinflusst die Haltbarmachung der Milch unsere Gesundheit und unsere Gesellschaft? Verziert werden die nicht immer leicht verdaulichen, aber doch sättigenden Texte mit Milch-Spezialrezepten für Leute, die Exklusivität vor das eigentliche Nahrungsmittel stellen. Hier verstrudelt sich die Diskussion um die Milch in den Ideologien Wohlstandsverirrter. Aber dafür kann das «Journal Culinaire» nichts. Fazit: Journal lesen, Milch trinken, Käse fressen. gh

Journal Culinaire
Frische Milch

Kultur und Wissenschaft des Essens
No. 18/2014
 
150 Seiten, Hardcover oder Download
Edition Wurzer & Vilgis, Münster 2014
ISBN 978-3-941121-18-8
CHF 24.–, EUR ca. 15.–
www.journal-culinaire.de

Entwicklungen im Alpenraum

Werner Bätzings «Die Alpen» ist das Standardwerk zur Geschichte, Kultur und Nutzung des Alpenbogens. 1984 erschien die erste Ausgabe, jetzt, 2015, die vierte. Bätzing hat das Buch wiederholt umgearbeitet, ausgebaut und mit neuen Gesichtspunkten und Erkenntnissen in seiner Aussage präzisiert. Standardwerke haben es an sich, dass sie im eigenen Büchergestell stehen, ein paar Eselsohren und Fettflecken aufweisen, um den Anschein zu erwecken, man hätte sie gelesen. Autor und Titel kennt man auswendig, den Inhalt vom Hörensagen. «Die Alpen» aber lohnt sich geneigtest zu lesen. Bätzing hat sich in über dreissig Jahren ein Wissen zum Alpenraum erarbeitet, von dem wir profitieren können und auch sollten. Besonders, weil er keine technokratischen Daten ausbreitet oder ideologische Eigeninteressen verfolgt, sondern den Menschen mit seinem Bemühen, in den Alpen zu (über)leben, in den Mittelpunkt seiner Überlegungen und Ausführungen stellt. Wir folgen Bätzing von der Besiedelung des Alpenraums über das Agrar- und Industriezeitalter bis zum «Verschwinden der Alpen» in der modernen Dienstleistungsgesellschaft. Er schnürt dabei nicht bloss den Geschichtsknäuel auf, es geht dem Kulturgeografen um die Verknüpfung zeitlicher und komplexer Gesellschaftsentwicklungen. Wer die Entwicklungen im Alpenraum in ihrer Gesamtheit verstehen will, soll das Buch kaufen – und auch lesen. gh

Werner Bätzing:
Die Alpen

Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft
 
484 Seiten, gebunden
mit 14 Tabellen, 34 Karten und 134 Abbildungen
4., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage
Verlag C. H. Beck, München 2015
ISBN 978-3-406-67339-9
CHF 49.– EUR 38.–
www.chbeck.de

dazu erschienen:
Werner Bätzing:
Zwischen Wildnis und Freizeitpark

Eine Streitschrift zur Zukunft der Alpen
Rotpunktverlag, Zürich 2015
ISBN 978-3-858-69648-9
CHF 11.–, EUR 9.90
www.rotpunktverlag.ch

Agrarwirtschaft diskutieren

Wir kaufen «Ernährung» ein, wir kochen, wir essen, wir verdauen, wir scheissen sie. Am Rande ist uns bewusst, dass wir uns damit nicht nur existenziell am Leben erhalten, sondern auch die Ausgestaltung der Landwirtschaft beeinflussen. Als Konsumenten können wir die Frage, wie man «Ernährung» herstellen soll, nicht der Politik überlassen – sie vertritt ihre meist wirtschaftlichen Eigeninteressen, forciert industrielle Landwirtschaft und verhindert keinen Hungertoten. – Okay, kein Alpthema. Aber nach all den lauschigen Portraitbüchern, schnusligen Erlebnisberichten, folkloristischen Heimatfilmen der letzten Jahre, darf es auch wieder mal schwerer verdauliche Kost sein. Der «widerspruch Nr. 64» diskutiert in spannenden Beiträgen, wie wir vom Agrobusiness zur Agrikultur gelangen könnten. Unsere Empfehlung zur Pflichtlektüre für den Sommer 2014. gh

Widerspruch 64
Ernährung – Agrobusiness oder Agrikultur

 
208 Seiten,broschiert
Widerspruch, Zürich 2014
ISBN 978-3-85869-592-5
CHF 25.–
www.widerspruch.ch

Ausgedehnte Stafelwirtschaft

Zu einer Alp gehört für uns eine gut ausgebaute Alphütte und ein gemauerter Stall. Um die unterschiedlichen Höhenstufen geeignet zu beweiden, können es drei Stafel sein, eventuell ergänzt durch feste oder mobile Melkstände. Alther beschreibt in ihrem Buch eine weiter ausgedehnte Bewirtschaftungsform, bei der Käsereigerätschaften, Vieh und Zeltplane pro Sommer auf bis zu 17 Stationen gezügelt werden. Auf der Alp Trona Soliva im Veltlin melkt und käst die Familie Manni heute noch mit einfachsten Mitteln bei und in rudimentären Steinmauern, dem «Calécc», geschützt durch eine zügelbare Zeltplane als Dach. Gemolken wird von Hand, hergestellt wird zweimal täglich «Bitto» (Käse) und «Maschérpa» (Ziger) aus Kuh- und Ziegenmilch.

15 Alpbetriebe betreiben diese traditionelle Bewirtschaftungform noch. Hygienerichtlinien, Strassenbau und ganzjährige Talproduktion des «Bitto»-Käse machen ihre Existenz jedoch ungewiss. Wenn das reich bebilderte Buch von Alther einen Beitrag zum Bestehen der Caléec-Wirtschaftsweise und nicht nur zur Musealisierung leistete, wäre das toll. gh

Yolanda Alther:
Vertikal Mobil

Ein Beitrag zum Verständnis alpiner Wirtschaftsformen in der Archäologie
 
136 Seiten,broschiert
140 Schwarz-Weiss-Bilder
Archäologischer Dienst Graubünden, Südostschweiz Buchverlag, Chur 2014
ISBN 978-3-906064-24-6
CHF 24.–
www.suedostschweiz-buchverlag.ch

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