Alpkäse verkaufen heisst Mythen vermarkten

Ein neues Logo, eine neue Internetseite, viele neue Plastiktüten, Rotairs, Plakate und Broschüren in deutsch und französisch sowie Degustationen in Einkaufszentren und Messeauftritte sollen den Absatz von Schweizer Alpkäse fördern. Zudem wollen der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband SAV und die Schweizer Milchproduzenten SMP in einer Basiskampagne den KonsumentInnen endlich klar machen, dass Alpkäse kein Bergkäse ist.


                        
                            
                        
                            
                                
                            
                        
    


                        
                    

                    
                

"Vom Genuss, der von den Alpen kommt - Der Gipfel des Geschmacks - Schweizer Alpkäse hautnah erleben" mit diesen markigen Sprüchen wirbt der SAV und SMP für den Schweizer Alpkäse auf Papier, Bildschirm und Polyäthylen. Der Konsument, die Konsumentin kennt den Unterschied zwischen Alp- und Bergkäse nachweislich nur in Ansätzen. Eine Aufklärung tut not, ansonsten auf den Teller kommt, was dort nicht hingewollt.

Alpkäse ist laut Kampagne etwas, das "sich trotz technologischem Fortschritt nicht verbessern" lässt, weil er "in einer Welt voller Traditionen, Handwerk und Natur" hergestellt wird. "Daraus entsteht ein einzigartiges Produkt: der würzige Schweizer Alpkäse, der sich mit nichts vergleichen lässt." Auch nicht mit Bergkäse, und nicht mal mit sich selber, weil "jeder Alpkäse hat mindestens so viel eigenständigen Charakter, wie der Alpkäser, der ihn herstellt. Die Alpkäse unterscheiden sich in Grösse, Farbe, Form und Reifegrad: es gibt halbharte, harte und extraharte Alpkäse, vom jungen Milden bis zum rezenten, 3-jährigen Hobelkäse." Genau - und nicht nur das. Der eine Alpkäse unterscheidet sich auch im Geschmack erheblich von einem anderen Alpkäse und würzig ist er auch nicht immer.


Kurzinterview mit Franziska Wirz, Absatzförderin des Schweizer Alpkäses beim SMP:

zalp: Tendenziell wird jedes Jahr weniger Alpkäse produziert, der praktisch keine Absatzschwierigkeiten kennt. Warum wird für den Alpkäse "Absatzförderung" betrieben?

Franziska Wirz: Immer mehr Älpler möchten Ihren Käse auf einmal absetzen können und somit nicht mehr den ganzen Winter von Haus zu Haus fahren zu müssen. Als Folge wird der Anteil Alpkäse, der via Grossverteiler verkauft wird, ständig grösser. In diesem Kanal kann der Älpler nicht mehr persönlich erklären, warum man Alpkäse kaufen soll. Dieses Erklären wird nun von der Basiskommunikation Schweizer Alpkäse übernommen. Zusätzlich möchten wir die Wertschöpfung von Alpkäse fördern. Das heisst, wir möchten sowohl die Menge und den Preis halten bis steigern können.

zalp: Da kaum mehr Alpkäse hergestellt werden kann, als momentan wird, müsste bei einer noch grösseren Nachfrage der Preis des Produktes steigen. Ist dies beabsichtigt? Wissen Sie, wie sich die Sortenorganisationen dazu stellen?

Franziska Wirz: Gegenwärtig sinken die Käsepreise. Wir sind daher glücklich, wenn wir die heute guten Alpkäsepreise stabil halten können. Aber natürlich ist es unser Ziel, den Alpkäse zu möglichst hohen Preisen verkaufen zu können. Ausserdem stellten wir in unseren Untersuchungen zwischen den einzelnen Regionen markante Unterschiede (Positionierung des Produktes, Absatzkanäle, Preise) fest. Die Bedürfnisse jeder Region sind dadurch auch anders. Wir versuchen auf diese Unterschiede soweit wie möglich einzugehen.

zalp: Wieviel Geld wird für die Basiskommunikation Alpkäse verwendet und woher kommt es?

Franziska Wirz: Der SAV und die SMP haben im Jahr 2000 eine Vereinbarung getroffen, dass auch auf der zu Alpkäse verarbeiteten Milch die Selbsthilfebeiträge bezahlt werden. Als Gegenleistung hat sich die SMP verpflichtet, mit den Mitteln ein angemessenes Basismarketing für Alpkäse zu betreiben, die Qualität von Alpkäse und regionale Aktivitäten zur Absatzförderung von Alpkäse zu unterstützen. Für das Basismarketing haben wir erstmals 2002 ein Absatzförderungsgesuch beim Bund eingereicht. Dieses wurde gut geheissen. Die Basiskommunikation wird somit fast zur Hälfte mit Bundesmittel unterstützt. Insgesamt stehen für die Basiskommunikation rund 450'000 Franken zur Verfügung.

zalp: Bei den Werbemitteln wird vor allem auf Mythos Alpwirtschaft gesetzt. Stichworte Natur, natürliches Produkt, Handarbeit. Dies steht im Gegensatz zur Entwicklung in den Sennereien, die technisierter werden und immer mehr den Talkäsereien gleichen. Wird hier mit einem unehrlichen Bild geworben?

Franziska Wirz: Nein. Schauen Sie sich doch einmal die Werbung von Coop Naturaplan an. Der Mythos Alpwirtschaft wird in der Werbung sehr oft eingesetzt. Warum sollen dann ausgerechnet die Eigentümer dieser Bilder auf die Kraft dieser Sprache verzichten? Selbstverständlich arbeiten auch die Talkäsereien im Gegensatz zur ausländischen industriellen Produktion berechtigterweise handwerklich.

zalp: In der Broschüre wie auch im Internet werden Rezepte mit Alpkäse vorgestellt. Können Sie uns sagen, wo hier die beabsichtigte Abgrenzung/Unterscheidung zum Bergkäse ausgedrückt wird? Oder anders gefragt, wieso soll ich Alpkäse verkochen und nicht irgend einen anderen Käse?

Franziska Wirz: Weil Sie sich nur beim Geniessen eines Gerichtes mit Alpkäse an das Gespräch mit dem Senn vor der Alphütte auf der letzten Wanderung erinnern können. Alpkäse eignet sich ausgezeichnet auch für die warme Küche. Mit den Rezepten zeigen wir auf, wie viele Möglichkeiten zum Verzehr von Alpkäse es gibt und möchten damit den Pro-Kopf-Verbrauch steigern.

Ran an die KonsumentInnen

Auf der Internetseite wird der Alpkäse öfters mit den Worten "einzigartig", "eigen", "würzig" und "mit nichts zu vergleichen" umworben. Man muss dies nicht nur sagen, die Leute müssen es auch merken. Daher gibt es neben nebenstehendem Logo eine Broschüre, ein Plakat, ein Rotair, eine Tragtasche und eine Internetseite www.schweizeralpkaese.ch resp. www.fromagedalpage.ch. Geplant sind 50 Degustationsorte und diverse Messeauftritte. Dazu kommen Stände an Alpkäseprämierungen und Inserate in Koch- und Publikumszeitschriften.

Die beste Information vermitteln jedoch die Alpleute selber. Viele der zelebrierten Mythen des Alplebens und des dabei entstehenden Käses können nur durch Verkauf ab Alp oder durch wahrhafte ÄlplerInnen entmythisiert werden. Alpkäse ist auch gut, wenn er nur nach gutem Käse schmeckt.

Wer (trotzdem) Material für eigene Anlässe braucht, kann sie über die Internetseite oder untenstehende Adresse bestellen. Broschüre, Plakat, Rotair und Tragtaschen sind gratis erhältlich. Die Tragtaschen sind für dieses Jahr schon alle weg. https://www.schweizeralpkaese.ch/