Alppersonalrichtlöhne Graubünden 2001

Seit 1994 steigen die Richtlöhne fürs Alppersonal im KT. Graubünden erstmals wieder an. Zu verdanken haben wir dies dem Bündner Sennenverein, der sich in zähen Verhandlungen mit dem Bündner Bauernverband tapfer gehalten hat, was den erfahrenen ÄlplerInnen aller Richtungen pro Tag eine Zwanzigernote mehr in die Kasse bringt.


                        
                            
                        
                            
                                
                            
                        
    


                        
                    

                    
                

T A G L O H N

Funktion

Richtlohn Minimum

Richtlohn Maximum

Senn/Sennin

CHF 130.–

CHF 170.–

Hirt/Hirtin

          110.–

          145.–

Zusenn/Zusennin

          100.–

          140.–

Gehilfe erwachsen

          90.–

          100.–

Gehilfe jugendlich

          65.–

          70.–

P A U S C H A L L O H N   gilt nur für Sennalpen

Kuhzahl

Personalbedarf  *1

Faktor Betriebsgrösse  *2

Pauschallohn bei 90 Alptagen

Minimum

Maximum

20 - 29

1.6

82.5 %

CHF 14500.–

CHF 19000.–

30 - 39

1.9

85.0 %

          17500.–

          26000.–

40 - 49

2.2

87.5 %

          20500.–

          27000.–

50 - 59

2.5

90.0 %

          23500.–

          31000.–

60 - 69

2.8

92.5 %

          26500.–

          35500.–

70 - 79

3.0

95.0 %

          29000.–

          39000.–

80 - 89

3.2

97.5 %

          31500.–

          41500.–

90 - 99

3.4

100.0 %

          34000.–

          44500.–

100 - 109

3.6

102.5 %

          36500.–

          47500.–

110 - 119

3.8

105.0 %

          39000.–

          50500.–

120 - 129

4.0

105.0 %

          40500.–

          52500.–

*1

Die aufgeteilten Personen hinter dem Komma sind die Gehilfen aus der Taglohn-Tabelle
Ein Beispiel: Ein Alpteam mit 3,4 Personen setzt sich zusammen (wenigstens rechnerisch) aus 1 Senn/in + 1 Hirt/in + 1 Zusenn/in + 0,4 Gehilfe/Gehilfin

*2

Der Faktor Betriebsgrösse stellt den "Verantwortungsgrad" des Alppersonals dar. Je grösser die Alp, desto grösser die Verantwortung.

 

B E M E R K U N G E N  zu den Tabellen

Bruttolöhne

Die Richtlöhne sind Bruttolöhne. Die Arbeitgeber müssen für die Verpflegung und Unterkunft des Alppersonals aufkommen und dürfen die gesetzlichen Abzüge vornehmen (Unfallversicherung, 6.55% AHV, evtl. Krankentaggeld, Quellensteuer). Der Ferienanspruch ist mit dem Richtlohn abgegolten.

Minimum und Maximum

Mit Minimum sind ÄlplerInnen mit wenig Alperfahrung gemeint, mit Maximum solche mit vier und mehr Sommern Erfahrung.

Jungviehalpen

Hirt/Innen von Jungviehalpen orientieren sich nach den Löhnen der Tabelle "Taglohn". Der dortige Betrag ist für eine Herde von 100 - 130 Tieren errechnet. Sind es bedeutend mehr, kann ein Zuschlag von höchstens 30% gemacht werden.

Schaf- und Ziegenalpen

Alppersonal von Schaf- und Ziegenalpen wird wie gewohnt nicht erwähnt.

Zuschläge

Zuschläge können bei arbeitsaufwendigen Verhältnissen (mehrstaffelige Alpbetriebe, zweimaliges Käsen pro Tag u.ä.)

Direktvermarktung
Spezialitäten

Die Direktvermarktung von Alpprodukten oder Herstellung von Spezialitäten (Weichkäse, Fruchtjoghurt u.ä.) ist mit den Richtlöhnen nicht abgegolten.

Spezielles

Ebenso werden Treueprämien, überdurchschnittliche Mulchen u.ä. in den Richtlöhnen nicht berücksichtigt.

Abzüge

Sollte das Alppersonal nicht voll ausgelastet sein (z.B. zusätzliches Erledigen von Arbeiten auf dem Heimbetrieb) können Abzüge bei den Richtlöhnen vorgenommen werden.

Quelle:

Bündner Bauer, Ausgabe 1/2 vom 12. Januar 2001

 
K O M M E N T A R

Die Zwanzigernote ist ein erfreuliches, wenn auch verspätetes Zeichen des Bündner Bauernverband an die Alpleute. Wenigstens offiziell und auf dem Papier des Bündner Bauer verdienen erfahrene ÄlplerInnen nun in 90 Tagen Alpzeit im Maximum 1800.– mehr. Auf die letzten sieben Jahre gerechnet (in denen es bei den Richtlöhnen keine Erhöhung gab) sind das pro Jahr 257.– Auch wenn ich kein Bauer bin: ich meine dies ist ziemlich viel.

In diesen sieben Jahren der Alplohnbrache sind die Sömmerungsbeiträge im Total von 46'628'000 Franken auf ca. 90'000'000 Franken gestiegen. Letztes Jahr wurde die Verkäsungszulage erhöht, was für die Sennereibetriebe 28'800'000.– Mehreinnahmen bedeutete. Trotz dieser Zahlen teilte mir der ehemalige Präsident des Bündner Sennenvereins in einem Telefongespräch mit, das er keinen Grund für eine Lohnerhöhung sehe, da es der Landwirtschaft nicht rosig ergehe und die QS-Alp erneute Investitionen von den Eigentümern der Alpen verlange. Sonst höre ich solche Argumente eher von der Bauernseite.

Fatal finde ich daran, dass es nur einen Wechsel im Vorstand des Sennenvereins braucht und die landwirtschaftlichen Einkommensverhältnisse werden plötzlich anders interpretiert. Denn wenn niemand klopft, wieso sollte man die Türe öffnen? Der Bauernverband ist bekannt dafür, dass er ohne Druck nicht reagiert. Dass gutes Personal auch gute Löhne bekommen sollte, darauf wäre er alleine wohl nie gekommen. Ich hoffe die Bewusstseinserweiterung bleibe erhalten. Gerechterweise und zum Glück darf man auch erwähnen: Es gibt viele Alpmeister und Bauern, die sind schlauer als ihr Verband.

Dem Alplohn wegen geht man nicht auf die Alp. Damit kann man weder einen Stall bauen, noch einen Terratrac kaufen, ja nicht einmal ein Embryonenkalb ersteigern. Das was die Alp ausmacht ist die Arbeit mit den Tieren, die Landschaft, die Auseinandersetzung mit sich selbst, mit den Mitälpler/innen und die gern geglaubte Freiheit. Dafür noch einen Lohn zu verlangen ist beinahe verwegen, zahlen doch Manager für Kurse solcher Art horrende Beträge. Doch schlussendlich wollen auch wir ein bisschen jammern und nicht nur übers Wetter diskutieren. Die Krankenkassenprämien steigen, die Miete im Tal will auch bezahlt sein und überhaupt sind wir nicht unabhängig vom Landesindex der Teuerung. Zudem ist alpen Arbeit, oft ziemlich lange und nicht selten streng. Bitte gerne etwas Anerkennung!, nicht nur in Form von Kuchen und netten Sprüchen.

Ich denke, dass ein angemessener Lohn das Thema rund um Anerkennung und Leistung versachlicht. Denn gerechte Preise für geleistete Arbeit, das ist es ja auch, was die meisten Bauern und Bäuerinnen von der Gesellschaft fordern.

Letzten Frühling hatte die Alp Tambo grosse Mühe Personal zu finden. Das war auch Thema unter den Anwesenden der damaligen Alpmeistertagung am Plantahof. Was tun, wenn kein Personal vorhanden ist? Die Angst geistert herum, dass in den nächsten Jahren vor allem für die Sennalpen zuwenig Personal vorhanden ist. Die QS-Alp wird das Problem ebenfalls verschärfen. Die einen ÄlplerInnen mögen in den neuen Sennküchen nicht mehr käsen, andere kriegen ob all den auszufüllenden Formularen Kopfweh und für die dritten lohnt es sich nicht, ins Gebirge zu fahren, um dort in Sennereien zu käsen, die den Talkäsereien gleichen, nur dass der Spunten weiter weg ist und der Fernsehempfang schlecht.

Den Alplohn kann man zudem nicht unabhängig vom Winteraufenthalt und der Winterarbeit betrachten. Primär hat dies zwar keinen Einfluss auf die Höhe des Lohnes, sekundär ist es aber so, dass ÄlplerInnen nicht mehr z'Alp gehen, weil sie ihrem winterlichen Arbeitsplatz treu bleiben wollen oder schlicht die nötigen Finanzen für den Lohnausfall beim Suchen einer neuen Stelle im Herbst nicht aufbringen. Ein guter Alplohn schafft hier etwas Raum.

Der Sennenverein hat sich beim Bauernverband mit der Absicht verabschiedet, nächstes Jahr die Löhne erneut zu verhandeln. Das tönt kämpferisch und stimmt zuversichtlich.

Giorgio Hösli